Stadt und Festung Küstrin haben eine fünfhundertjährige Geschichte, die zu skizzieren ich in vorstehendem bemüht gewesen bin. Nur über einen Tag innerhalb dieses langen Zeitabschnittes: über den 6. November 1730, an dem das Haupt Kattes auf Bastion Brandenburg fiel, bin ich hinweggegangen. Und doch wiegt dieser Tag schwerer als die Gesamtsumme dessen, was vorher und nachher an dieser Stelle geschah, und mag als das Gegenstück zu dem 18. Juni 1675 gelten, zu dem »Tage von Fehrbellin«. Mit diesen beiden Tagen, dem heiteren 18. Juni und dem finsteren 6. November, beginnt unsere Großgeschichte. Aber der 6. November ist der größere Tag, denn er veranschaulicht in erschütternder Weise jene moralische Kraft, aus der dieses Land, dieses gleich sehr zu hassende und zu liebende Preußen, erwuchs.

Es gibt kaum einen Abschnitt in unserer Historie, der öfter behandelt worden wäre als die Katte-Tragödie. Aber so viele Schilderungen mir vorschweben, das Ereignis selbst ist bisher immer nur auf den Kronprinzen Friedrich hin angesehen worden. Oder wenigstens vorzugsweise. Und doch ist der eigentliche Mittelpunkt dieser Tragödie nicht Friedrich, sondern Katte. Er ist der Held, und er bezahlt die Schuld.

Es ist meine Absicht, in nachstehendem dem die Ehre zu geben, dem sie gebührt.

Und hierin wird sich meine Darstellung von der anderer nicht unwesentlich unterscheiden, indem sie sich eigens vorsetzt, von allem, was auf den Kronprinzen Fritz Bezug nimmt, nur das Unerläßliche zu geben, nur so viel, wie zum Verständnis des Ganzen überhaupt erforderlich ist. Das ist zunächst, als Grundlage der ganzen Tragödie:

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Aus: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, von Theodor Fontane

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