Nach dem ersten Weltkrieg war Deutschland verpflichtet worden, die Festungen an der Westgrenze zu schleifen. Die Festungen an der Süd- und Ostgrenze dagegen sollten in dem Zustand belassen werden, in dem sie sich beim Abschluß des Friedensvertrages befanden.
Am 20.3.1920 hatte die "Interalliierte Militär-Kontrollkommission" die Zahl der deutschen Festungen, die mit Geschützen versehen werden durften, zuerst auf fünf (Königsberg, Pillau, Swinemünde, Küstrin und Ulm) beschränkt. Am 23.07.1920 wurde die Zahl noch einmal auf 3 gesenkt. Küstrin und Ulm befanden sich nun nicht mehr mit auf der Liste und mussten vollständig entwaffnet werden.
Die Reichsregierung bat am 24.12.1920 aufgrund der instabilen Lage an den Ostgrenzen um eine Fristverlängerung für die Ablieferung der Geschütze. Diese Bitte wurde jedoch abgelehnt und die Umsetzung bis zum 28.2.1921 gefordert. *1
Die Anordnung, die Festung zu entwaffnen, hatte aber nichts mit dem Abriss der östlichen Festungsanlagen zu tun. Da die Festung modernen Waffen nicht mehr gewachsen war und die Altstadt Platz zum Expandieren brauchte, wurde bereits im Jahr 1911 der (teilweise) Abriss der "inneren Wallanlagen" durch die Stadtverwaltung beschlossen. Diese Pläne konnten jedoch erst nach dem ersten Weltkrieg umgesetzt werden. Der Artikel "Nichts ist ewiger als der Wechsel" aus der Neumärkischen Zeitung beleuchtet der Abriß des Hohen Kavaliers etwas näher.
Alle befestigten Anlagen, Festungen und festen Plätze zu Lande, die auf deutschem Gebiete westlich einer Linie in 50 km Abstand östlich des Rheins liegen, werden abgerüstet und geschleift.
Soweit die befestigten Anlagen, Festungen und festen Plätze zu Lande in dem von den alliierten und assoziierten Truppen nicht besetzten Gebiete liegen, sind sie binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags abzurüsten und binnen einer weiteren Frist von vier Monaten zu schleifen. Soweit sie in dem von dem alliierten und assoziierten Truppen besetzten Gebiete liegen, setzt die alliierte Oberste Heeresleitung die Frist für die Abrüstung und Schleifung fest.
Die Anlage jeder neuen Befestigung, gleichviel welcher Art und Wichtigkeit, ist in der im ersten Absatz dieses Artikels bezeichneten Zone verboten.
Das System der befestigten Werke an der Süd- und Ostgrenze Deutschlands verbleibt im gegenwärtigen Zustande.
Von 1921 bis 1931 wurden alle Befestigungen an der Nord- und Ostseite abgerissen. Die Bastion Kronprinzessin und das Zorndorfer Tor fielen als Erste. 1925 wurde die Bastion Königin abgetragen. 1930 entbrannte eine heiß geführte Diskussion über das Wahrzeichen der Stadt - dem Hohen Kavalier bzw. der Bastion Kronprinz. Letzendlich entschied sich die Mehrheit der Küstriner für den Abriss. Dieser wurde im November 1930 begonnen. Die Mauern des Bauwerks wurden in den vorhergehenden vier Jahrhunderten nicht wesentlich ausgebessert, jedoch dauerte sein Abriss ein ganzes Jahr. Bei den Abrissarbeiten wurden auch die Gräben in diesem Bereich zugeschüttet und eine neue Umgehungsstraße um die Altstadt herum angelegt. Daneben entstand an dieser Stelle in den folgenden Jahren der Rosengarten, das neue Amtsgericht, eine katholische Kirche (gegen Ende der dreißiger Jahre) und auch Wohnhäuser. Die Straßenbahn, die vor der Schleifung das Zorndorfer Tor Richtung Neustadt durchquerte, fuhr nun direkt am Rosengarten vorbei. Die Gleise fogten nun nicht mehr dem Knick der Kurzen Dammstraße, sondern fuhr direkt geradeaus, quasi durch den Scheitel des Hohen Kavaliers. Der Rosengarten nahm einen Teil der nördlichen Hälfte des Hohen Kavaliers ein.
Bereits in den Jahren 1898 - 1902 wurde an der Oderseite die Festungsmauer zwischen den Bastionen König und Brandenburg abgerissen und ein Exerzierplatz angelegt.
Die folgende Grafik zeigt in etwa die übrig gebliebenen Festungsanlagen, sowie die Lage der Stadttore. Grau eingezeichnete Bereiche wurden abgerissen. Die Qualität bitte ich zu entschuldigen, ich bin halt kein Grafiker :-)
Quellen:
1) Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik online; URL: https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0000/index.html, besucht am 18.01.2009
2) Ralf Juon "Küstrin 1232 - 1932"
3) Auskunft durch Klaus Thiel