Die MarienkircheMit seinem Übertritt zur Reformation ließ Markgraf Hans 1538 alle Zeichen des katholischen Glaubens aus der im Jahre 1396 erstmals erwähnten Marienkirche herausreißen. Sie verlor zu diesem Zeitpunkt offiziell den Namen "Marienkirche" und trug dann den Namen "Stadtpfarrkirche" bzw. "Parochialkirche".  Ihr alter Name hielt sich jedoch umgangssprachlich bis heute. Sie diente nun der lutherischen Gemeinde als Kirche. Die Geschichte dieser Kirche in der Zeit vor der Einführung der Reformation wird im Artikel über die römisch-katholische Gemeinde behandelt. Gehen wir jedoch noch einmal wenige Jahre zurück. Aufgrund von Verwahrlosung soll am 07.04.1491 (Original: Dinstag nach Crucis) in der Stadt ein großes Feuer ausgebrochen sein, verschont blieb wohl nur Kietz. Dies berichtet zuerst Seyffert in seinen "Annalen der Stadt Küstrin" und beruft sich dabei auf einen Befreiungsbrief des Kurfürsten Johann Cicero von Brandenburg aus dem Jahre 1492. Später wird das Thema von Kutschbach, im "Gedenkblatt zur ersten Säkularfeier" von 1887 und auch in "Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg" (1927) aufgegriffen. Dem "Gedenkblatt zur ersten Säkularfeier" von 1887 entstammen auch die folgenden Angaben darüber.

Ein Konfirmationsschein der Gemeinde

Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 2)
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 2)
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 3)
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 3)
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 4)
Konfirmationsschein der Pfarrkirchengemeinde (Seite 4)

 

Nach dem Brand war die Kirche nur notdürftig wieder hergestellt worden. Im Jahre 1553 begann Markgraf Hans mit dem Wiederaufbau der Kirche. Dieser dauerte bis ins Jahr 1568. Es wird vermutet, dass der Baumeister der Festungen Cüstrin und Peitz - Antonio de Forno - auch für den Wiederaufbau der Kirche verantwortlich war. Er war eigentlich ein Anhänger der Renaissance, musste aber, da noch Reste der alten Kirche vorhanden waren, diese auch wieder im  gotischen Stil errichten. Diese Kirche wird wie folgt beschrieben:

Die Kirche war durchaus massiv von Backsteinen erbaut; ihr Gewölbe ruhte auf 10 starken, gemauerten Pfeilern, von welchen 5 auf jeder Seite standen. An dem Mittelpfeiler der Nordseite befand sich die Kanzel;  ihr gegenüber lag auf der Seite zu dem Schlosse zu der Kirchenstuhl des Markgrafen auf einer Empore. Die Decke des Letzteren wies viele allegorische Darstellungen auf;  die Gestalten des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung, der Beständigkeit und der Andacht waren hier in schönen Malereien angebracht.; nach dem Kirchenschiffe zu aber war diese Loggia durch das kurfürstliche Wappen und einen lang herabhängenden Scharlachvorhang abgeschlossen. Die Kanzel war eine reich vergoldete Holzbildhauer-Arbeit; an ihrer Brüstung befanden sich die zwölf Apostel mit den vier Evanglisten; der Schalldeckel aber trug vorn in einer Glorie die Gestalt des auferstandenen Fürsten des Lebens mit der kreuzgeschmückten Siegesfahne. Dann spitzte sich das Werk gleich einem durchbrochen gothischen Thurme allmählig  nach oben zu; der oberste Knauf trug einen seine Jungen mit dem Herzblute labenden Pelikan, das uralte Symbol der Erlösung, in vergoldetem Neste. Über dem Prediger schwebte die Taubengestalt des heiligen Geistes, unaufhörlich sich bewegend; hinter ihm lag auf goldener Schüssel das bereits oben erwähnte, blutende Haupt Johannes des Täufers.

Zur Kanzel führten 14 Stufen, über der Tür zur Kanzel stand "Ich bin die Thür; so jemand durch mich eingehet, der wird selig werden  - Ev. Joh. 10, 9", auch die Innenseite war mit einem Vers versehen: "Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht - Ev. Luk. 21, 33".  In einigen Quellen wird immer wieder der weiße Hochaltar der Kirche erwähnt - der je nach Quelle aus Alabaster oder Marmor gewesen und in Venedig gefertigt worden sein soll. Einmal wird sogar ein Preis von 192.000 Gulden genannt. Belegt werden konnten der Preis und der Entstehungsort aber nie. Dieser Altar stellte Jesus triumphierend über den Tod und Teufel dar. Fertig gestellt wurde der Altar im Jahr 1562, im Jahr 1707 wurde er erneuert und vergoldet.  Unter dem Altar  waren lebensgroß und aus Marmor gefertigt der kniende Markgraf Hans samt seiner Frau und den beiden Töchtern Elisabeth und Katharina dargestellt, diese Stauen stammen jedoch aus der Regierungszeit des Kurfürsten Joachim Friedrich (1598-1608).

1580 erhielt die Kirche für 200 Gulden einen neuen Altar, der aber schon kurze Zeit später wieder entfernt und an die Kirche in Rathstock verkauft wurde. Im Jahre 1596 wurde der obere Teil des Turmes neu gebaut. Der Maurer pfuschte jedoch und baute ihn zu niedrig, so dass dieser Teil ein Jahr später noch einmal neu gebaut werden musste.  Die hölzerne Kanzel wurde 1595 erbaut und 1709 renoviert.  Die Umbauarbeiten in Inneren der Kirche um 1595/96 hatten den Grund, dass die in Cüstrin lebenden Hohenzollern Joachim Friedrich und Johann Sigismund die Verzierungen der Kirche nach lutherischer Art nicht mochten. Unterhalb der Kanzel und der Abbildung eines Sternenhimmels befand sich das Taufbecken, der Ständer war aus Holz, das Becken selbst aus Zinn. Dieses wurde im Jahr 1665 von Adam Simon Böhm, C. B. Rentsch und Elisabeth Müller gestiftet. In den Deckel des Taufbeckens waren Engelsköpfe und diverse Inschriften eingraviert. An den schon erwähnten Säulen befanden sich Monumente für verschiedene Familien und Persönlichkeiten. Diese Monumente werden ausgiebig in "Die evangelischen Kirchen der Stadt Küstrin, Prof. Dr. Gustav Berg, Marienburg, Schriften des Vereins für die Geschichte der Neumark, Nr. 24, 1910, Seiten 1 - 33" beschrieben, darauf möchte ich an dieser Stelle verzichten. Äußerlich wird die Kirche als schmucklos beschrieben. Innerlich veränderte sich die Kirche nach dem 30jährigen Krieg sehr, die neu nach Küstrin gekommenen Behörden bauten sich eigene Loge ein, fromme Familien, leisteten sich reich verzierte Kirchenstühle. Die verschiedenen Gewerke spendeten Kerzen, so dass zu manchen Anlässen fast 100 davon brannten. Die Kirche verfügte über diverse Chöre, jede Zunft hatte einen:

  • Dohna'sches Chor
  • Bismarck'sches Chor
  • Maurer-Chor
  • Zimmermanns-Chor
  • Gewandschneider-Chor
  • Pantoffelmacher-Chor
  • Schiffer-Chor
  • Kietzer-Chor
  • Schuster-Chor
  • Bürger-Chor
  • Raths-Chor
  • Offiziers-Chor
  • Juristen-Chor
 

Gegenüber der Kanzel, mittig an der südlichen  Seitenwand der Kirche befand sich das markgräfliche Chor. In Höhe des ersten Stockwerks war es bis ins Jahr 1730 durch einen mit Kupfer gedeckten Gang, der auch über die Gräben am Schloss führte, direkt mit Selbigem verbunden. Die Decke des Chors war mit Malereien ausgestattet, das kurfürstlich brandenburgische Wappen war an einer Wand unterhalb einer roten Decke mit Fransen angebracht. Die wenigen Fenster, die mit Glasmalereien zeigten, waren von Zünften gespendet worden. So auch ein Fenster in der Nähe des Altars, das die Schuhmachergilde gestiftet und auch für die Pflege und den Erhalt zu sorgen hatte. Auch die Schmiedezunft hatte wohl ihr eigenes Fenster.

Der Turm wurde beim Bau des oberen Teils im Jahre 1597 wohl nicht richtig verankert, er wurde baufällig, schwankte bei jedem Läuten und drohte umzukippen, so dass er 1652 ausgebessert werden musste. Der nun mit Kupfer gedeckte Turm bot 4 Glocken Platz, je eine mit 32, 16, 8 und 4 Zentner Gewicht. Bei einem Sturm 1655 wurde die Spitze des Turmes heruntergerissen und erst drei Jahre später - 1658 - wieder neu errichtet. Im Jahre 1675 wurde das Kircheninnere renoviert. Über dem Altar wird immer wieder ein weiterer kleiner "Kietzerturm" erwähnt, der Mitte des 17. Jahrhunderts wohl auch schon sehr baufällig gewesen sein soll. Ob er noch einmal repariert wurde, ist nicht bekannt. Später finden sich keine Informationen mehr darüber.  Einen Friedhof hatte die Kirche zu Beginn des 18. Jahrhunderts schon lange nicht mehr, dieser befand sich etwa seit der Zeit von Markgraf Hans im südlichen Teil der Altstadt, am Standort der späteren "alten Artilleriekaserne".  Die von einem Orgelbauer aus Reetz im Jahr 1703 erneuerte und zwischen zwei Chören stehende Orgel war ebenfalls aus Holz und hatte 4 Register.

1723 wurde für den Kirchturm eine Uhr angeschafft. Im Jahre 1727 wurden der Kirche 38 Dukaten von einem Unbekannten gespendet, der sich wünschte, davon sollten zwei silberne Leuchter gekauft werden. Dies geschah auch, die Kosten darauf beliefen sich auf 139 Thaler. 1736 traten auch in Küstrin einige kirchliche Reformen in Kraft: Am Altar sollte nicht mehr gesungen werden, die Chorröcke und Kaseln (Messgewänder) der Pfarrer wurden abgeschafft. Auch die Privatbeichte sollte von da an nicht mehr unbedingt notwendig sein. Im Jahre 1748 wurden die Kirche und der Turm mitsamt dem Glockengestühl repariert und die Glocken umgegossen.

Zusammen mit der Stadt und Kirche verbrannte 1758 auch die Bibliothek darin. Von der Kirche blieben nur die Außenmauern erhalten, auch die Hohenzollerngruft wurde stark in Mitleidenschaft gezogen und deren Gewölbe von Bomben durchschlagen. Schutt füllte die Gruft. Da Friedrich der Große darauf bestand, zuerst die zivilen Häuser der Stadt wieder aufzubauen, mussten die öffentlichen, kirchlichen und herrschaftlichen Gebäude bis 1767 warten. In diesem Jahr begann man mit dem Wiederaufbau der Kirche unter Nutzung der Ruine. Der Grund war wohl, das Geld gespart werden sollte. Es sollte wohl kein Gewölbe mehr eingezogen werden, man nutzte ein Hängewerk aus Holz, das von unten wie ein Gewölbe wirkte.  Der neu erbaute Hochaltar bestand ebenfalls aus Holz. Die Orgel mit 32 Stimmen und 8 Nebenregistern wurde durch den Neuruppiner Orgelbauer Scholz für 2500 Thaler erbaut. Gegenüber dem Altar befanden sich nun die Logen für das "Gouvernement" und die Landeskollegien. Der Turm erhielt, um das Mauerwerk beim Läuten der Glocken nicht mehr so zu belasten,  einen im Inneren des Turmes stehenden und bis zum Boden reichenden Glockenstuhl. Die Turmspitze war somit nicht gemauert, sondern bestand aus Holz. Der Turm erhielt auch eine neue Uhr. Die Spitze wurde einer mit Sandstein-Galerie und Sandsteinvasen verziert sowie mit Kupfer gedeckt. Eines vergaß man aber beim Wiederaufbau: die Gruft von Markgraf Hans. Es sollte - vom Datum der Wiedereinweihung 1770 an -  110 Jahre dauern, bis sie wieder aufgebaut wurde.

Der Zustand der durch den Brand geschwächten Mauern wurde durch bauliche Maßnahmen noch weiter verschlechtert. Der erste Gottesdienst in Küstrin fand erst einige Wochen nach dem Brand statt. Er wurde durch den Konsistorialrat Christian Friedrich Sadewasser neben der Ruine der Pfarrkirche durchgeführt. Erst danach begann die wechselnde Nutzung der Garnisonskirche, die den Brand unbeschadet überstanden hatte. Die Gemeinde nutze die Kirche am Wall in der Zeit zwischen  10 und 12 Uhr. Der letzte Gottesdienst der Gemeinde in der Garnisonskirche fand am Karfreitag 1770 (13.4.1770) statt. Am Ostersonntag (15.4.1770) wurde die neu errichtete Pfarrkirche eingeweiht. Was zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand ahnte: Die neue Kirche sollte nicht lange ihrem Zweck dienen können.

Nach und nach traten immer mehr Risse auf, da die geschwächten Mauern das schwere Dach nicht tragen konnten. Die oberen Teile der Mauern waren wohl bereits bis zu 5 Zoll (ca. 12,5 cm) durch das Dach nach außen gedrückt worden. Bei der Taufe des "bekehrten Juden" Abel Marcus am 05.09.1779 war die Kirche so voll, dass man aufgrund der Baumängel zu der Erkenntnis kam, dass die erst vor 9 Jahre wieder hergerichtete Kirche nicht mehr sicher zu benutzen war. Die Orgel und der Altar wurden entfernt und die Kirche und die Kirche geschlossen. Die Gemeinde musste nun die Schlosskirche nutzen. 

Am 22. Oktober traf  der Kurmärkische Oberbaurat Naumann in Küstrin ein, um sich als Sachverständiger ein Bild der Lage zu machen. Er ordnete sofort die Entfernung des Daches an. Mit Ausnahme des Turms, war der Rest der Kirche nicht mehr zu retten. Für die Baumängel wurde ein namentlich nicht genannter, inzwischen verstorbener königlichen Baurat verantwortlich gemacht. Er hatte die baulichen Änderungen 1767 angeordnet, die zur Destabilisierung der Kirche beigetragen hatten. Deshalb sollte auch die Königliche Kasse den Wiederaufbau bezahlen. Dafür wurden 9000 Thaler veranschlagt.

Entwurf der neu zu erbauenen Marienkirche von 1780 (Ausschnitt 1)Doch da hatten die Herren die Rechnung ohne den König gemacht, der in dieser Angelegenheit zu entscheiden hatte. Seine Majestät war - wie würde es heute eine europäische Monarchin ausdrücken - "not amused". Er erhielt das entsprechende Schreiben am 18.05.1780 und antwortete mit einer Kabinettsorder am 21. des Monats. Er meinte darin wohl, "sie seien wohl nicht gescheit,  schon wieder eine neue Stadtkirche zu verlangen, der Zustand werde wohl nicht so schlimm sein". Was der König nicht wusste: die 9000 Thaler hätten nicht gereicht, ein Entwurf von Naumann hätte über 13000 Thaler gekostet. Der Magistrat der Stadt stellte erst am 12. Dezember 1780 eine neue, direkte Anfrage an den König. Diesmal wies er sie nicht sofort ab, sondern forderte einen Kostenvoranschlag an. Die 13000 Thaler waren dem König wohl zu viel, so dass er die Bitte am 23.12.1780 ablehnte und um Geduld bat. Der Konsistorialrat Hornejus richtete am 26.02.1782 erneut eine Immediateingabe an den König.

 

Entwurf der neu zu erbauenen Marienkirche von 1780 (Ausschnitt 2)Dieser erinnerte sich an den Vorgang und ließ anfragen, wie weit denn der Bau sei, er habe die Kirche doch schon fertig gesehen. Als er von seinem Irrtum erfuhr, ließ er durch den Oberbaurat Naumann eine neuen Kostenvoranschlag erstellen. Nach diesem sollte die Kirche nun 10173 Thaler kosten. Doch aus diesmal floss kein Geld, da die Staatskassen dies wohl nicht zuließen, wie aus einem Schreiben des Königs vom 19.03.1782 hervorging. Erst Ende 1783 wahr wieder Geld im Staatssäckel. Friedrich der Große fragte beim General-Direktorium an, welche ausgebrannten Städte noch Unterstützung für den Wiederaufbau benötigen. Nun wurde ihm der Neubau der Kirche wieder auf den Tisch gelegt. Im Juni 1784 bewilligte er schließlich 10000 Thaler für den Wiederaufbau und bemerkte, dieser sollte, wenn möglich noch in diesem Jahr, fertiggestellt werden. Der Wiederaufbau dauerte aber fast 3 Jahre.

 

Die Decke bestand nun aus 70 Balken und wurde durch Säulen aus Holz gestützt, die zugleich die Chöre tragen mussten. Der Altar, die Orgel, die Kanzel und auch die Bestuhlung wurde wiederverwendet. Die neue Stadtpfarrkirche wurde erst am 20.05.1787 (Christi Himmelfahrt) durch den Konsistorialrat Johann Christian Seyffert (Autor der Annalen der Stadt Cüstrin, 1801) und den Züllichauer Konsistorialrat und Oberprediger Carl Samuel Protzen eingeweiht. Das Gemälde hinter dem Hochaltar stammte von Andreas Krüger, einem Freund und auch Schüler des Historienmalers Christian Bernhard Rode.

Kurz nach Beginn der Besetzung der Stadt durch die Franzosen wurde die Kirche zu einem Stroh- und Heumagazin umgewandelt. Die Fenster wurden zerschlagen, die Sitzbänke verbrannt, das Altarbild durch einen Säbelhieb beschädigt und die Leuchter gestohlen. Um die Feuerfestigkeit zu erhöhen, wurde während der Belagerung der Stadt 1813/14 der Turm durch eine Mauer vom Rest der Kirche abgetrennt. Diese Mauer wurde direkt durch die Orgel gebaut. Viel mehr als der Rohbau scheint nicht mehr erhalten gewesen zu sein.

Die Pläne des Innenausbaus von 1815 sollen von Karl Friedrich Schinkel gewesen sein. 19 Stufen führten nun zum Altarraum hinauf, beim Altarbild wird nun von einer Radierung nach dem Gemälde "Christi Himmelfahrt" von Christian Bernhard Rode gesprochen. Erst einige Jahre nach dem Abzug der Franzosen, im Jahr 1817, wurden die Chorbrüstung und die Decke im Inneren erneuert. Nach dem Umbau von 1815, der 15.000 Thaler gekostet haben soll, waren nur einige Teile der alten Ausstattung erhalten:

  • das Orgelgehäuse mit Verzierungen im Rokokostil
  • 2 Altarleuchter (1767 durch Anna von Bohlen gestiftet)
  • 3 Brustbilder, dabei eines von Luther, dieses wurde von Cranach um 1570 auf Holz gemalt
  • einige Grabsteine und Grabplatten
  • die Gruft des Markgrafen Hans
  • 4 Glocken, gegossen im Jahr 1769 von Friedrich Gotthold Körner (aus Freystadt, Oberpfalz)

Das Äußere der Kirche wurde im Jahre 1896 renoviert und das Giebelfeld mit neuen Skulpturen versehen.Wir machen nun einen kleinen Zeitsprung in Jahr 1928. Im kalten Winter diesen Jahres wurde der Heizkessel der Kirche so beschädigt, dass für 2241,05 RM ein Neuer beschafft werden musste. 1938 war die Kirche so renovierungsbedürftig geworden, dass auch das preußische Staatsbauhochamt in einem Besichtigungsbericht vom 20.03.1937 die Arbeiten im Innen- und Außenbereich als "sehr dringend" einstufte. Der Kostenvoranschlag für die Maurer- und Malerarbeiten im Außenbereich belief sich auf 8500 RM, wovon die Gemeinde nur 2000 bis 3000 RM aufbringen konnte. Der Staat als Patron musste Holz, Steine und Kalk einstehen. Wegen der Finanzierungslücke wandte  man sich am 20.10.1938 an das evangelische Konsistorium mit der Bitte um eine Beihilfe aus den Mitteln des Kur- und Neumärkischen Ämterkirchenfonds. Die Außensanierung sollte im Frühjahr 1939 beginnen.

Innenaufnahmen der Kirche

Nahaufnahme der Orgel
Nahaufnahme der Orgel
Innenaufnahme der Marienkirche
Innenaufnahme der Marienkirche
Nahaufnahme des Altars
Nahaufnahme des Altars
Die Gruft von Markgraf Hans
Die Gruft von Markgraf Hans

 

Nach einer erneuten Begehung der Kirche am 26.01.1939 mit dem Provinzial-Konservator wurde ein neues Gutachten erstellt. Am 01.02.1939 unterstrich das Kirchliche Bauamt noch einmal die festgestellten Schäden und gab auch Details zu den Arbeiten im Innenraum bekannt: Der Vorraum der Sakristei und die Sakristei selbst sollten instandgesetzt werden, in der Gruft des Markgrafen sollten beschädigter Putz und Steine ausgebessert werden. Das Mauerwerk der Gruft sollte danach mit einer Kalkschlämme überstrichen und gemalert werden. Die Kosten für die Außen- und Innenarbeiten wurden nun auf 12.000 RM geschätzt. Zur Finanzierung wurde vorgeschlagen, die Gemeinde solle sich mit 5000 RM, der Staat als Patron mit 500 RM, das Konsistorium mit 2500 RM, der Oberkirchenrat mit 2000 RM und der Provinzialkonservator mit 2000 RM  beteiligen.

Aus dem Gutachten nach der erneuten Begehung geht auch hervor, dass geprüft werden sollte, ob die Zitat "1895 zugefügten Bereicherungen der Architektur, besonders an der 3 Eingängen", wieder entfernt werden sollten. Als Vorlage für die Arbeiten im Außenbereich sollte eine Lithografie aus dem Bestand des Vereins für die Geschichte Küstrins e.V.  dienen, die die Kirche vor der Sanierung im Jahr 1895/96 zeigte. Der Außenputz sollte nun nicht mehr nur ausgebessert, sondern komplett erneuert werden. Der Gemeindekirchenrat holte nun von Küstriner Unternehmern einen eigenen Kostenvoranschlag ein:

  1. Firma Rudolf Seefeld (Arbeiten an Gruft, Flur, Sakristei und Außenbereich + Material) 11.220 RM
  2. FIrma Eisenach (neuer Heizkörper für die Sakristei) 140 RM
  3. Firma Torff (Dacharbeiten und Dachrinne) 741,35 RM
  4. Firma Stollorcz (Dachdeckerarbeiten) 119,42 RM
  5. Firma Hirt (Malerarbeiten) 3.389,40 RM

In der Summe machte das 15610,17 RM, die Gemeinde wollte oder konnte aber nur 4.000 RM davon selbst tragen. Soweit der Plan. Dieser Kostenvoranschlag sollte nun im März 1939 dem Staatshochbauamt zu Prüfung vorgelegt werden. Auch die "Neumärkische Nationalpost" vom 24.02.1939 meldete, die Bauarbeiten am Außenbereich der Kirche sollten "noch in diesem Jahr" beginnen. Am 14.03.1940, als gut ein Jahr später, verfügte das preußische Staatshochbauamt, dass die Wiederherstellungsarbeiten bis nach Kriegsende zurückgestellt werden würden. Wer meinen Artikel über die Schloßkirchengemeinde kennt, wird vielleicht gerade ein kleines Déjà-vu erleben - denn dort war es mit den Instandhaltungsarbeiten genauso.

Das Pfarrhaus

Portal der Kirche mit Markgrafen-DenkmalDas Pfarrhaus wurde vermutlich um 1455 in der Südwestecke der Kirche erbaut und war durch einen Zwischenbau mit ihr verbunden. Während der Regentschaft von Markgraf Hans wurde das Pfarrhaus abgerissen. Auf dem Gelände des alten Friedhofs neben der Kirche wurde durch die Stadt das Haus der ersten Predigers und das Schulhaus neu erbaut. Ab 1541 wurde dem Pfarrer des Grundstück mit dem späteren Haus Nr. 200 als Garten überlassen.

Im Jahre 1720/21 wurde das Pfarrhaus mit Unterstützung des Hospitals neu gebaut und vergrößert. 1732/33 wurden die Diakonatshäuser (Schulstraße Nr. 51-52) neu gebaut. Die 51 bewohnte ab ca. 1675 der Archidiakon, die 52 der Diakon. Beim großen Brand 1758 wurden alle diese Häuser vernichtet. Das Pfarrhaus wurde an der alten Stelle wieder aufgebaut, an der Schlossfreiheit Nummer 201.

 

In einem Bericht aus dem Jahr 1927 ist die folgende Beschreibung des Pfarrhauses enthalten: "Das Pfarrhaus ist zweigeschossig. Unten rechts befindet sich der Gemeindesaal, links vom Flur die Küsterei und das Amtszimmer des Pfarrers. Es hat 7 Zimmer in der Gesamtgröße von 151 qm. Das Pfarrhaus befindet sich in einem ordentlichen Bauzustand. Vorgesehen sind: Umdecken das Daches, Gesamtrenovierung der Wohnung, unter Berücksichtigung von Wünschen des neuen Stelleninhabers."

Das die Küsterei im Pfarrhaus keine dauerhafte Einrichtung war, belegt ein Schreiben vom 21.04.1937 an das evangelische Konsistorium der Mark Brandenburg (Aufsichtsbehörde) mit der Bitte, die Küsterei in das Pfarrhaus verlegen zu dürfen. Man begründete dies mit den schlechten räumlichen Verhältnissen in der Küsterwohnung, die dieser auch für Amtszwecke nutzte. Auch unter Oberpfarrer Janke war die Küsterei scho einige Jahre im Pfarrhaus untergebracht gewesen.

Erhaltene Kunstschätze

Die erhaltenen KirchenschätzeDurch die Wirren aller Jahrhunderte und Zerstörungen der Kirche blieben drei Kunstschätze bis heute erhalten: Eine Abendmahlskanne, eine Oblatendose und ein Abendmahlskelch. Die aus Silber bestehende Kanne wurde im Jahr 1650 durch den Apotheker und  damaligen Bürgermeister Küstrins Georg Heinrich Boltzmann und seiner Frau Eva Maria, geb. Freind gestiftet. Im Jahr 1809 befand sie sich noch in Preußen, erst 1893 kam sie laut einem französischen Einfuhrstempel nach Frankreich. Dort wurde sie in den 1980er Jahren wiederentdeckt. Die Oblatendose stammt vom gleichen Stifterehepaar. Dieses hatte wohl schon 1649 eine Abendmahlskanne gestiftet und nachdem Boltzmann Bürgermeister geworden war, stifteten Sie 1650 eine neue mit der entsprechenden Inschrift. Das Silber der alten Kanne wurde dann für die Dose verwendet. Der Abendmahlskelch wurde wahrscheinlich in  der Zeit zwischen 1645 und 1652 von Georg Ehrenteich von Burgsdorff gestiftet. Burgsdorff war ab 1652 Gouverneur der Festung Küstrin. Alle drei überstanden die Bombardierung Küstrins durch die Russen im August 1758 in einem massiv gemauerten Raum mit 3 Türen aus Eisen, hinter dem Altar der Pfarrkirche. Einen umfangreichen Artikel dazu finden Sie im Königsberger Kreiskalender 2013.