Julius Kohlstock gründete im Jahre 1875 in der Küstriner Neustadt seine Malzfabrik in der Drewitzer Straße 3, dort befand sich auch die Villa der Familie. Um die Jahrhundertwende herum übernahm er die Oder-Malzfabrik von Otto Koscky, Schanze 217, Küstrin-Altstadt. Letztgenannte lag auf dem Areal der heutigen Oderinsel zwischen den beiden Oderbrücken, direkt an der Oder. Nach der Übernahme firmierte das Unternehmen unter dem Namen "Julius Kohlstock Vereinigte Malzfabriken Cüstrin-Neustadt".
Im Jahre 1911 brannte die Malzfabrik in der Neusstadt komplett und die Villa teilweise ab. Beim Wiederaufbau widersprechen sich die Quellen: Während Dr. Tamm im Königsberger Kreiskalender schrieb, die Malzfabrik in der Neustadt sei nicht wieder aufgebaut worden, sondern nur die Villa der Familie Kohlstock, spricht das Buch "Die deutschen Brauereien" von 1931/32 von einem "Umbau" der Malzfabrik in der Drewitzer Straße im Jahre 1911.
Zwischen 1920 und etwa 1927 war die Malzfabrik an der Oder an die Mokasan-Werke AG verpachtet. Die Mokasan-Werke von Curt Hugo Heinrich mit Sitz in Landshut/Isar (1919) bzw. Kassel (1920) produzierten einen Kaffee-Ersatz (Kaffeesurogat) namens Mokasan. In de Gewerbeadressbüchern der Zeit ist die Malzfabrik als "Werk Cüstrin-Altstadt" der Mokasan-Werke AG aufgeführt. Ab 1928 ist dieses Werk in den Gewerbeadressbücher nicht mehr zu finden.
Die Odermalzfabrik wurde 1925/26 umgebaut und verfügte über einen eigenen Gleisanschluss sowie direkte Anbindung an die Oderablage (Oder-Hafen). Die Reichsstraße 1 führte direkt an der Odermalzfabrik vorbei.
Laut dem o.g. Buch ergeben sich für das Unternehmen im Jahre 1931 folgende Eckdaten:
- Inhaber: Frau Elise Kohlstock, geb. Reiff
- Prokurist: Kurt Lucas
- Betrieb: 3 Darren (System Topf, Topf Mälzereianlagen, Erfurt)
- Produktion:
- - Hellste und dunkle Gerstenmalze
- - Weizenmalz
- - Caramelmalz
- - Malzkeime
- Nebenprodukt-Verwertung: durch Verkauf
- Grundbesitz: ca. 65.000 qm
Während der Kämpfe um Küstrin im zweiten Weltkrieg hatten sich Wehrmachtssoldaten im Keller der Fabrik verschanzt. Laut Überlieferungen bekam die Fabrik einige Volltreffer ab, so dass die Soldaten im Keller verschüttet wurden. Zu einer Bergung kam es wohl nicht mehr.
Am Rande möchte ich noch erwähnen, dass es auch in Landsberg/Warthe eine Malzfabrik gab, diese firmierte unter "Louis Kohlstock" - ob es dort familäre Bande gab, ist mir leider nicht bekannt.
Quellen:
- Buch "Die Deutschen Brauereien", 1931/1932
- Fotos: Archiv Siegfried Neubauer
- Zeichnung: Herkunft unbekannt