Landsberger Str. 43
Küstrin-Neustadt
Produkte:
- Feuerlöschgeräte
- Dampfspritzen (1890 - 1893)
- Gartenbaugeräte
- Krankenwagen (ausgezeichnet auf der deutschen Ausstellung für Sanitär- und Rettungswesen)
- Feuerwehr-Armaturen
- ...
Das Unternehmen wurde 1878 durch Gustav Robert Ewald gegründet und gehörte zu den Pionieren der Feuerlöschgeräte-Herstellung. Gustav R. Ewald wurde am 30.12.1837 als Sohn des Kolonisten Johann Friedrich Ewald aus Neu-Wustrow in Altmädewitz geboren. Im Jahre 1858 betrieb sein Vater in Letschin eine Zuckerfabrik. Bevor ich jedoch zur Firma Ewald an sich komme, möchte ich das Leben des Firmengründers etwas näher beleuchten: Am 23.01.1868 hatte Gustav Ewald die Schwester von G. H. Fritze, Henriette Friederike Johanna Carolin Fritze geheiratet. Ab 1874 wurde er Teilhaber der Firma G. H. Fritze, ab 01.04.1877 wurde er Werkführer und technischer Leiter der Gelbgießerei und Kupferschmiede. Davor hatte er in der Niederlassung der Firma Fritze in der Kommandantenstraße 88-90 in der Cüstriner Altstadt gearbeitet.
Die Firma G. H. Fritze selbst existierte unter anderem Namen bereits vor 1841 als Kupferschmiede. In diesem Jahr trat Georg Heinrich Fritze, am 03.04.1826 in Goslar als Sohn des Kupferschmiedemeisters Johann Georg Christian Fritze geboren, in Küstrin bei seinem Onkel, dem Kupferschmiedemeister Schneider, die Lehre an. Nach seiner Wanderschaft trat er zu Beginn der 1850er Jahre als Teilhaber in die Firma des Onkels ein. Sie trug nun den Namen Schneider und Fritze. Etwa 1855 übernahm Fritze die Firma komplett und verlegte sie von der Kommandantenstraße 101 in die Kommandantenstraße 88-90. In Letschin lernte er bei einer Montage ca. 1858 die Schwester Amalie seines ehemaligen Lehrlings Gustav Robert Ewald kennen und heiratete sie 1860. Beide Kinder verstarben früh, Amalie selbst starb kurz nach der Geburt des zweiten Kindes 1864. Beide Schwager G. H. Fritze und Gustav Ewald waren also jeweils mit der Schwester des anderen Schwagers verheiratet. Nun aber zurück zur Firma Ewald.
Das Ehepaar Gustav Ewald / Henriette Fritze hatte zwei Söhne, Theodor Friedrich Georg (* 03.02.1868) und Georg (01.07.1873), dieser starb jedoch schon am 04.01.1887 mit 13 Jahren. Gustav Ewalds erste Frau starb am 01.12.1874, er heiratete am 05.07.1877 erneut: Caroline Ernestine Emilie Hübner. Auch seine zweite Frau starb zeitig, am 26.08.1878, so dass er ein drittes Mal heiratete. Am 18.08.1888 heiratete er Emma Emilie Ida Ewald (*11.03.1858 + 17.12.1936).
Zur Zeit der Gründung seines Unternehmens war Gustav Ewald Brandwart der städtischen Feuerwehr Küstrin. Die Gründung seiner Firma fiel in eine Zeit, in der sich die Idee der Feuerwehren in Deutschland immer weiter verbreitete. Schon wenige Jahre nach der Gründung verkaufte die Firma ihre Produkte in vielen teilen Deutschlands und erhielt diverse Auszeichnungen, wie z.B. 1883 die silberne Medaillie der Kaiserin bei einer Ausstellung in Berlin. Bis ins Jahr 1891 wurden 400 Spritzen verkauft.
Jahr | Ort | Veranstaltung | Auszeichnung |
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1880 | Guben | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1881 | Collberg | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1882 | Stargard | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1882 | Beeskow | Ehren-Diplom | |
1882 | Rastenburg, Ostpr. | Erster Ostpreußischer Feuerwehrtag | 2x Silberne Medaille |
1883 | Landsberg/Warthe | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1883 | Berlin | Kaiserin-Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen | Silberne Medaille |
1884 | Teplitz | Industrie-Gewerbe-Elektrische u. Erste Erzgebirgische Hausindustrie Ausst. | Goldene Medaille |
1885 | Crossen | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1885 | Görlitz | Gewerbe- und Industrie-Ausstellung | Goldene Medaille |
1885 | Königsberg i. Pr. | Internationale Ausstellung für Handwerkstechnik und Klein-Industrie | Silberne Medaille |
1889 | Berlin | Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung | Kgl. Preuss. Staats-Medaille |
1895 | Lübeck | Handels- und Industre-Ausstellung | Goldene Medaille |
1886 | Marienburg | 1. Westrpr. Ausstellung v. Feuerlösch u. Rettungsgeräten | Silberne Medaille |
1896 | Graudenz | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Silberne Medaille |
1897 | Bodenbach | Gewerbe-Indust.-Land. u. Forstw. Regional-Ausstellung | Goldene Medaille |
1900 | Breslau | Allgemeine Deutsche Sanitäts-Ausstellung | Goldene Medaille |
1901 | Berlin | Internationale Ausstellung für Feuerschutz und Feuerrettungswesen | Goldene Potrait-Medaille Ihrer Majestät der Kaiserin |
1902 | Frankfurt a. M. | Ausstellung für Unfall-Schutz und Verhütung, Santäts und Rettungswesen | Goldene Medaille |
1902 | Insterburg | Erste Ostpreussische Ausstellung für Volkswohlfahrt und Gesundheitspflege | Goldene Medaille |
Theodor Ewald hatte zwischen 1874 und März 1883 in Küstrin die Mittelschule besucht und begann am 01.04.1883 in der väterlichen Firma eine Lehre zum Schlosser. Ab 02.07.1884 arbeitete er in der Maschinen- und Kunstschlosserei Präckelt in Bunzlau, zwischen 11.10.1885 und 13.02.1886 in der Maschinenfabrik Gutmann in der Dammvorstadt von Frankfurt (Oder). Vom 22.02.1886 bis 02. März 1887 besuchte er das Technicum Mittweida (eine Hochschule) und leistete seinen Wehrdienst bei der kaiserlichen Marine (1.Komp. der 2. Werftdivision Wilhelmshaven, 01.02.1888 - 24.09.1890). Danach trat Theodor Ewald in die väterliche Fabrik ein und erhielt dort am 08.06.1891 prokura. Nach dem Tod des Vaters am 10.06.1892 übernahm er sie ganz.
Theodor heiratete am 18.09.1892 in Goslar Johanne Wilhelmine Dorette Wagener. Aus dieser Ehe gingen die vier Kinder Else (* 06.09.1894 +10.09.1894) Gustav (* 24.08.1895), Ilse (*13.9.1896) und Georg (* 25.11.1900) hervor. Gustav übernahm später das Unternehmen, Ilse besuchte das Lyzeum in Küstrin und machte 1913 ihren Abschluß. Georg besuchte eine Realschule in Strausberg und studierte danach, so wie auch schon sein Vater, am Technicum in Mittweida. Dort legte er im Juli 1921 seine Prüfung als Maschinenbauingenieur ab und strebte danach eine Behördenlaufbahn an.
Dieses Urlaubsfoto der Familie Ewald von Juli 1901 mit dem Kommentar "Georg ist da !" zeigt wahrscheinlich die Kinder Gustav und Ilse (stehen hinter dem Wagen) sowie Georg (im Wagen).
Theodor Ewald trat im Jahr 1887 als Steiger in die Feuerwehr Küstrin-Neustadt ein, am 02.03.1891 stieg er zum Adjutanten und am 06.05.1895 zum Brandmeister auf. Am 10.08.1895 übernahm er die neu gegründete Freiwillige Feuerwehr Küstrin Neustadt, am 15.06.1914 wurde er Brandinspektor aller drei freiwilligen Feuerwehren in Küstrin. Theodor Ewald stiftete den küstriner Feuerwehren eine große Handdruckpsritze, einen Löschzug und eine Drehleiter. Er erhielt am 14.03.1893 den Bürgerbrief der Stadt Küstrin. Im Jahr 1897 wurde er Stadtverordneter, ab 1911 Stadtrat und war auch Mitglied der Handelskammer. Nun geht es aber erst einmal wieder mit dem Unternehmen weiter.
Ab 1895 wurden der Firma auch mechanische Leitern produziert, dazu wurde in diesem Jahr eine große, 12 Meter hohe Montagehalle an der Landsberger Straße gebaut. Zum den Produkten zählten nun auch Mannschaftswagen, Wasserwagen und Gasspritzen. Eine Gießerei wurde eröffnet und mit der Herstellung von Feuerwehrarmaturen begonnen. Im Jahre 1904 fusionierte man mit der Justus Christian Braun AG, der Feuerwehrgeräte-Fabrik C.D.Magirus (Ulm) und der Feuerwehrrequisiten-Fabrik I.G. Lieb (Biberach/Riß) zu einer Vertriebsgesellschaft mit dem Namen "Vereinigte Feuerwehr-Geräte-Fabriken GmbH Berlin". Dabei wurden auch Verkaufsstellen in verschiedenen Städten geschaffen, unter anderem in Ulm und Berlin. 1905 begann man mit dem Bau von Drehleitern, gab dieses Geschäftsfeld jedoch später an die Firma Magirus ab. Die Berliner Filiale, welche neben der Hauptfeuerwache der Stadt lag, übernahm Theodor Ewald im Jahre 1906. Dort arbeitete auch sein Schwager Hermann Wagener. Bis 1908 wurde Theodor Ewald in der Unternehmensleitung durch den Ing. Gurkhaus, danach durch Ing. Lindemann vertreten. Sein anderer Schwager, Karl Wagener, unterstützte ihn bis 1912 wiederum im Küstriner Unternehmen. Im Jahr 1913 feierte das Unternehmen die Auslieferung der 5000sten Spritze. Die Entwicklung von motorbetriebenen Feuerwehrfahrzeugen gab man an die Firmen Braun und Magirus, während sich die Firma Ewald auf den Bau von Handdruckspritzen und leichten, fahrbahren Leitern spezialisierte. Die Firma Braun und ein weiteres Unternehmen verliessen Vertriebsgesellschaft bald wieder, mit den Firmen Magirus und Lieb arbeite die Firma Ewald bis 1920 zusammen.
Gegenüber der alten Fabrik in der Landsberger Straße 92 wurden die Grundstücke 14 und 16 als Lager, Lackiererei, Holzlagerplatz und Garten hinzugekauft. Mit Kriegsbeginn wurde ein Großteil der Arbeiter eingezogen, die Firma war weder darauf, noch auf einen langen Krieg vorbereitet. Im Jahr 1915 wurde Theodor Ewald krank und fuhr für lange Zeit zur Kur nach Wiesbaden. Am 06.06.1916 starb er an Leberkrebs. Theodor Ewald wurde in einer Erbgrabstelle in Küstrin Neustadt beigesetzt. Der Trauerzug wurde durch den Kommandanten der Festung angeführt. Dahinter folgten der Bürgermeister und der Magistrat der Stadt, Sanitätskolonnen, Vereine und Belegschaften der Küstriner Industriebetriebe.
Lindemann zeigte wohl wenig Initiative, vermietete Gebäude nur an andere Frmen - aber zog für die Firma Ewald während des 1. Weltkriegs keine Rüstungaufträge an Bord. Anstatt die Einrichtung der Firma zu erneuern und zu erweitern, kaufte er lieber Kriegsanleihen. Nach dem 1.Weltkrieg bestand das Firmenkapital zu 60% aus diesen nun wertlosen Anleihen.
Gustav Ewald (Enkel des gleichnamigen Firmengründers) wurde am 24.08.1895 in Küstrin als Sohn von Theodor und Dorette Ewald geboren und besuchte dort das Gymnasium. Im ersten Weltkrieg diente er als Freiwilliger im Neumärkischen Feldartillerie-Regiment Nr. 54 in Küstrin. Im Dezember 1918 begann er ein Maschinenbaustudium an der Hochschule Berlin Charlottenburg. Als der Ing. Lindemann, der seinen Vater Theodor Ewald in der heimischen Firma vertrat, im Jahr 1919 starb, brach Gustav sein Studium ab und übernahm das väterliche Unternehmen. Im gleichen Jahr trat Gustav Ewald in die Freiwillige Feuerwehr Küstrin-Neustadt ein und wurde 1923 Oberbrandmeister. Erst nach dem Krieg gab es wieder einen Aufschwung und die Firma erarbeitete sich einen Weltruf. Ihre Produkte wurden bis nach Ostasien, Afrika und Südamerika verkauft. In Kopenhagen (Dänemark) unterhielt man eine eigene Vertretung. 1923 lieferte das Unternehmen die 6000. Spritze aus, ab 1926 fertigte man tragbare Klein-Motorspritzen.
Die GmbH ging während der Weltwirtschaftskrise 1929 bankrott, die Firma Ewald wurde aber schon 1930 neu eröffnet. Man spezialisierte sich nun auf den Guß von genormten Feuerwehr-Armaturen aus Leichtmetall. Wahrscheinlich ab 1936, als Gustav Ewald erneut ins Militär eintrat und die Leitung der Firma niederlegte, wurde die Firma an Paul Hardtke (Vinetapaltz 2, Berlin) und Werner Schulz verpachtet.1945 zahlten Sie pro Monat 350 RM Pacht für Grundstück, Gebäude und Maschinen. Am Gewinn war Gustav Ewald mit 1/3 (1943 waren das 177.000 RM) beteiligt. Mit dem Einbruch der Roten Armee in die Stadt am 13.02.1945 wurden die Seiten- und Vordergebäude zerstört. Gustav Ewald rechnete schon mit der kompletten Zerstörung des Werkes, bemerkte aber in einem Schreiben von 1945, "Die Pachtansprüche bleiben bestehen, da ja die Pächter aus der Vernichtung durch Krieg eine Forderung gegen das Reich besitzen". Sollte der Räumungsbefehl für die Neustadt kommen, sollten durch den Pächter Schulz wichtige Kokillen (Gießformen) und Modelle nach Küstrin-Kietz gebracht werden. Gustav Ewald war bei der Luftwaffe in der Nachrichtentechnik beschäftigt und stand als Oberst bis April 1945 dem Luftnachrichten-Regiment 251 vor. Dann geriet er in Norwegen in Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Krieg arbeitete Gustav Ewald als Geschäftsführer der Kölner Marmorwerke und machte sich in seinem Ruhestand ab 1963 als Technikhistoriker (vor allem, aber nicht nur Luftfahrttechnik) einen Namen. Zu seinem Nachlass, der im Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg liegt, gehören über 40.000 Fotos. Mir liegt im Original nur ein kleiner Teil seines Privatnachlasses (1 Klemm-Mappe) vor, aus der die meisten Angaben hier stammen. Gustav Ewald starb am 01.02.1983 in Friedrichshafen am Bodensee.