Die Enslin'sche Buchhandlung - der Beginn der Geschichte

Die Geschichte dieser Küstriner Buchhandlung beginnt am 1. Januar 1817 in Berlin. An diesem Tag gründete der Buchhändler Theodor Christian Friedrich Enslin (* ca. 1788  + 22. Mai 1851 in Berlin) seine gleichnamige Buchhandlung und Verlag, die "Enslin'sche Buchhandlung". Die Buchhandlung verkaufte er am 1. April 1827 an einen Dr. Moldenhawer, den Verlag behielt er. Am 20. März 1832 kaufte George Wilhelm Ferdinand Müller die Buchhandlung von Moldenhawer und führte das Unternehmen unter dem Namen "Enslin'sche Buchhandlung (Ferdinand Müller)" weiter.

Buchhandlung Ferdinand Geelhaar Cüstrin 1852Rechnung der Buchhandlung "Ferdinand Geelhaar früher Enslin'sche Buchhandlung" in Cüstrin von 1852

Unter dem gleichen Namen ließ er am im Jahre 1839 durch Ferdinand Geelhaar eine Filiale in Cüstrin namens "Enslin'sche Buchhandlung (Ferdinand Müller) in Cüstrin" einrichten. Geelhaar übernahm von Anfang an die Geschäftsführung in dieser Filiale. Die Buchhandlung fungierte auch als Kunst-, Muskalien- und Schreibmaterialienhandlung sowie als Leihbücherei. Ferdinand Geelhaar kaufte am 1. Januar 1842 die Cüstriner Filiale von Ferdinand Müller und führte sie unter dem Namen "Enslin'sche Buchhandlung (Ferdinand Geelhaar) in Cüstrin" weiter.

Ab dem 1. Januar 1843 übertrug Müller den Posten des Disponenten in seiner Berliner Buchhandlung auch an Ferdinand Geelhaar, um sich auf das Verlagsgeschäft konzentrieren zu können, dass er zum gleichen Datum vom Handelsgeschäft trennte und  als "G. W. F. Müller's Verlag" weiterführte. Zum 30. Mai 1844 kaufte Geelhaar schließlich auch die Berliner Buchhandlung von Ferdinand Müller. Seine Buchhandlung in Stargard verkaufte Müller an deren Geschäftsführer Gustav Eduard Weber. Den Namen der Buchhandlungen in Berlin und Cüstrin änderte Ferdinand Geelhaar im März 1851 in "Ferdinand Geelhaar früher Enslin'sche Buchhandlung".

Anmerkung: Die Geschichte des Verlags gebe ich hier nur gekürzt wieder, eigentlich wechselten dort die Eigentümer noch häufiger, aber das spielt für die Cüstriner Buchhandlung keine Rolle.

Alb. Massute's Buch- und Papierhandlung

Zum 1. Januar 1852 kaufte der aus Berlin stammende und 1823 dort geborene Buchhändler Friedrich Albert Massute die Cüstriner Filiale von Ferdinand Geelhaar, deren Geschäftsführer Massute zu dieser Zeit bereits seit fast sechs Jahren gewesen war und änderte die Firma in "Alb. Massute's Buch- und Papierhandlung". Albert Massute hatte zuvor drei Jahre lang in der Berliner "Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung Ed. Bote & G. Bock" sowie knapp 2 Jahre in der Buchhandlung "F. Friese Nachfolger (C. Bulang)" in Stettin als Gehilfe gearbeitet. Zwischen 1846 und 1852 war er schließlich in der Cüstriner Filiale von Ferdinand Geelhaar angestellt.

Albert Massutes Buch- und Papierhandlung Cüstrin 1853Rechnung von Alb. Massute's Buch- und Papierhandlung in Cüstrin von 1853

Albert Massute hatte zusammen mit seiner Frau Emma Emilie (geb. Gäde) fünf Kinder. Dies waren Paul (* um 1854), Gustav (* um 1856), Friedrich August (* 8. Oktober 1859 in Küstrin), Anna und Ernst Johannes (* 25. Februar 1864 in Küstrin). Sie lebten zuerst in der Berliner Straße 16 über der Konditorei Zimmer (später: Konditorei Gustav Nicol) und zogen dann in die Kommandantenstraße 112. Die vier Söhne der Familie besuchten alle das Küstriner Gymnasium.

Berliner Straße 16, Küstrin Altstadt (das höhere Haus links)Berliner Straße 16, Küstrin Altstadt (das höhere Haus links)
Ecke Kurze Damm-  & Kommandantenstraße, Küstrin-AltstadtEcke Kurze Damm- & Kommandantenstraße, Küstrin-Altstadt

Das Geschäft selbst befand sich im Eckhaus Kurze Damm- und Kommandantenstraße. Die Buchhandlung wurde am 16. Mai 1862 in die zu dieser Zeit neu angelegten Handelsregister unter der Nr. 18 eingetragen. Im Laufe der 1870er Jahre hatte sich die geschäftliche Situation verschlechtert. Gründe dafür waren wohl unter anderem der Bau der Infanteriekaserne in der Kurzen Vorstadt, sowie die Eröffnung eines konkurrierenden Geschäfts durch einen ehemaligen Gesellen von Massute.

Albert Massutes Buch- und Papierhandlung Cüstrin 1873Rechnung von Alb. Massute's Buch- und Papierhandlung in Cüstrin von 1873

Am 20. Oktober 1877 trat Sohn Paul in die Firma seines Vaters Albert ein, die dadurch entstandene Handelsgesellschaft trug nun den Namen "Alb. Massute‘s Buchhandlung". Zum 1. Juni 1878 verließ Albert Massute die Firma, zwei Tage später nahm sein Sohn Gustav seinen Platz dort ein. Im Mai 1880 wurde die Handelsgesellschaft durch den Ausstieg von Gustav Massute wieder aufgelöst, sein Bruder Paul führte die Buchhandlung unter dem bekannten Namen weiter.

Gustav Massute kaufte zum 1. Januar 1884 die Buchhandlung "E. Fahnauer" in Neusalz (Oder) und führte sie danach unter eigenem Namen. Im Jahre 1891 verkaufte er sie an Julius Pröbster, dieser führte das Geschäft wiederum unter dem Namen "Gustav Massute's Buchhandlung (J. Pröbster)" weiter. Nun aber zurück zum Thema.

Brief Albert Massutes Buchhandlung F. Mahler von 1886Brief von Albert Massute's Buchhandlung F. Mahler von 1886
Postkarte Albert Massutes Buchhandlung A. Grasow von 1896Postkarte Albert Massutes Buchhandlung A. Grasow von 1896

Im Jahre 1884 verkaufte Paul Massute die Buchhandlung an den Küstriner Buchhändler Franz Mahler. Mahler führte das Geschäft unter dem Namen "Albert Massute‘s Buchhandlung F. Mahler" weiter. Schon 4 Jahre später, zum 1. Juli 1888, verkaufte Franz Mahler die Buchhandlung wiederum an den Küstriner Buchhändler Albert Grasow, welcher das Geschäft unter dem Namen "Alb. Massute‘s Buchhandlung (A. Grasow)" weiterführte. Am 3. März 1889 wurde die Buchhandlung aus dem Handelsregister gelöscht, möglicherweise weil sie aufgrund ihrer steuerlichen Einstufung nicht mehr dazu verpflichtet war. Es gab sie aber weiterhin: Im Jahre 1893 hatte das Geschäft seinen Sitz in der Kurzen Dammstraße 78, zwischen 1899 und 1901 in der Schulstraße 63. Das letztgenannte Haus lag in der Nähe des Gymnasiums, schräg gegenüber der Rosengasse. Die mir vorliegenden Cüstriner Adressbücher nennen die Buchhandlung letztmalig in der Ausgabe 1901/02. Auch in den mir vorliegenden Gewerbeadressbüchern ab 1902/03 wird die Buchhandlung nicht mehr genannt.

Paul Massute arbeitete nach dem Verkauf der Buchhandlung in Cüstrin zwischen April und Juli 1884 sowie zwischen September 1885 und Juni 1886 in der Buchhandlung "F. B. Auffarth" in Frankfurt/Main. Zwischenzeitlich hatte er seinen Beruf wohl aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Zum 1. Juli 1886 - also rund 2 Jahre nach dem Verkauf des Geschäfts in Cüstrin - kaufte Paul Massute die "Back'sche Buchhandlung" in Belgard (Pommern) von Wilhelm Backe.

Friedrich August Massute studierte, er wurde Doktor der Philosophie und Apotheker. Ernst Johannes Massute wurde ebenfalls Apotheker und übernahm die Löwen-Apotheke in Altenweddingen, welche sich bis heute in Familienbesitz befindet.

Der frühere Küstriner Stadtrat Friedrich Albert Massute starb wahrscheinlich im Zeitraum zwischen 1907 und 1913, in den mir vorliegenden Adressbüchern ist er zuletzt in der Ausgabe von 1907/08 enthalten. Seine Witwe Emilie Massute ist letztmalig im Adressbuch von 1913 verzeichnet. Über das Schicksal seiner Tochter Anna ist mir leider nichts bekannt.

Quellen:

  • Gesammt-Verlags-Katalog des deutschen Buchhandels, Band 2, Ausgabe 2, Adolph Russel, 1889
  • Verzeichniss der Sammlungen des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, II. Verzeichniss der buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben. Leipzig, Verlag des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, 1897
  • Historisches Handelsregister Küstrin
  • Verkaufsanzeigen über die genannten Buchhandlungen aus der Deutschen Digitalen Bibliothek
  • Meine Kindheit in Küstrin (Dr. Ernst Massute) - Dietrich Wolff (in: Königsberger Kreiskalender 2014)