Von 1147 bis zur Einführung der Reformation 1538

KatholischeGemeinde7Die römisch-katholische Gemeinde war natürlich die älteste christliche Gemeinde der Stadt. Das Heidentum hielt sich jedoch sehr lange in der Neumark, erst nach 1147 begann die Christianisierung der Neumark durch Albert I, Churfürst von Brandenburg mit Unterstützung des Kaisers Friedrich Barbarossa (der Rotbärtige). Küstrin wurde dem katholischen Bistum Lebus unterstellt und wurde zu einer von 8 Diözesen. Zur Diözese Küstrin gehörten die folgenden 16 Pfarreien: Schaumburg, Fürstenfelde, Nabern, Darmietzel, Zicher, Berneuchen, Massin, Tornow, Hohenwalde, Liebenow, Diedersdorf, Vietz, Blumberg, Kammin, Wilkersdorf und Zorndorf. Die Zahl von 16 Pfarreien wird im Stiftregister von 1400 noch einmal bestätigt. Das Bistum Lebus wurde 1555 reformiert, 1598 wurde es aufgehoben.

Die erste Spur einer Kirche findet sich in einer Urkunde vom 13.09.1396, in welcher ein Altar, der von der Kalands- bzw. Elendsgilde gestiftet worden war, vom Bistum Lebus bestätigt wurde. Im Jahre 1446 dachte man darüber nach, die Marienkirche wegen der Sicherheit des Schlosses abzureißen und an einer anderen Stelle wieder aufzubauen. Das geschah jedoch nie. Im Jahr 1491 soll die im gotischen Stil erbaute Kirche zumammen mit der Stadt ausgbrannt sein. Sie wurde aber nur notdürftig wiederhergestellt. Bis ins Jahr 1531 hatte die Marienkirche keinen Turm. Erst in diesem Jahr ließ Kurfürst Joachim I. einen Turm bauen und die Kirche erweitern. Sie verfügte zu dieser Zeit über die folgenden Altäre: den Kalands- oder Elenden-Altar, den Frühmessen- bzw. Heiliger Kreuzaltar, den St. Maria Magdalenen-Altar sowie den Rosenkranz-Altar. Rund um die Kirche schloss sich der Friedhof an, das Pfarrhaus (etwa 1455 erbaut) stand in der Südwest-Ecke der Kirche  und war mit der Kirche durch einen Zwischenbau verbunden.

Leider ist vom kirchlichen Leben bis in die Zeit von Markgraf Hans nur wenig bekannt. Der Vater von Markgraf Hans, Churfürst Joachim I, war der letzte Verfechter der katholischen Kirche vor der Einführung der Reformation. Noch im Jahr 1534 untersagte er seinen Kindern testamentarisch, vom katholischen Glauben abzuweichen. Ein Jahr später, 1535, starb Joachim I und sein Sohn Markgraf Hans trat in der Neumark seine Nachfolge an. Aus der Zeit vor der Reformation sind nur wenige Namen katholischer Geistlicher überliefert:

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Zeitraum Name Bemerkung
1400 von Lossow, Gabriel Pfarrer
bis 1536 Theinpelhofen, Simon Schloßpfarrer, starb 1536
danach Schmidt, Matthias Schloßpfarrer

Schloßpfarrer Matthias Schmidt war der letzte katholische Pfarrer, der von Markgraf Hans nach Küstrin an die Schloßkirche berufen wurde. Er musste jedoch in der Marienkirche arbeiten, da die Schlosskirche zu diesem Zeitpunkt schon abgerissen war. Im Jahre 1537 trat Markgraf Hans in Schmalkalden in den Bund der Evangelischen Chur-Fürsten- und Reichsstände ein. 1538 wurde die Reformation in der Neumark und auch in Küstrin eingeführt.  Mit seinem Übertritt zur Reformation liess Markgraf Hans 1538 alle Zeichen des katholischen Glaubens aus der Marienkirche herausreißen. Sie verlor zu diesem Zeitpunkt auch den Namen "Marienkirche" und trug dann den Namen "Stadtpfarrkirche" oder auch Parochialkirche. Viele katholische Geistliche verließen die Neumark bzw. traten zum neuen Glauben über. Damit endet der erste Abschnitt in der Geschichte der katholischen Gemeinde der Stadt Cüstrin.

Von 1538 bis 1858

Aus dieser Zeit ist noch weniger überliefert, als über die Zeit vor der Reformation. Über eine katholische Gemeinde kann man in dieser Zeit nichts mehr lesen, alle mir bekannten Quellen erwähnen nur noch die evangelischen Gemeinden der Stadt. Das katholische Leben in der Stadt wird meiner Meinung nach aber nie ganz verschwunden sein, allein deshalb, weil in der Festung Soldaten aus den verschiedensten Teilen Deutschlands stationiert waren. Ab 1622 zählte Küstrin wie die meisten norddeutschen Gebiete zu den "Nordischen Missionen". Seit der Gründung des Apostolischen Vikariats des Nordens im Jahr 1667 gehörte Küstrin - wie auch große Teile Nord- und Ostdeutschlands zu diesem "Bistum auf Probe".

Ab etwa der Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte Küstrin zur katholischen Gemeinde in Neuzelle, eine eigene Kirche oder Pfarrer gab es zu dieser Zeit in Küstrin aber nicht. Seit der päpstlichen Bulle "De salute animarum" vom 16. Juli 1821, mit der die Struktur des Diözesen in Preußen neu festgelegt wurde, gehörte Neuzelle und damit auch Küstrin zum Bistum Breslau. Noch im Jahr 1849 schreibt Kutschbach in seiner Chronik der Stadt Küstrin, dass dort so wenige Katholiken lebten, dass auch keine eigene Gemeinde gegründet werden konnte. Einmal pro Jahr kam wohl ein katholischer Geistlicher von Neuzelle nach Küstrin, um das heilige Abendmahl auszuteilen. Laut Kutschbach haben sich die Katholiken Küstrins "gewöhnlich zur Schlossgemeinde gehalten". Das wird "Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts [...]" von 1856 bestätigt. Danach lebten im Jahre 1850 76 Katholiken in der Stadt, 1852 waren es nur noch 65. In beiden Jahren waren noch jeweils 136 katholische Militärangehörige in der Stadt stationiert. Ein katholischer Militärpfarrer betreute die wenigen Katholiken in diesen Jahren und hielt den Gottesdienst in der Schlosskirche ab.   Erst im Jahre 1858 wurde ein erster katholischer Geistlicher dauerhaft nach Küstrin geschickt. Damit begann eigentlich erst der zweite Teil der Geschichte der katholischen Kirche in der Stadt.

Pfarrer

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Zeitraum Name Geboren Ordiniert Bemerkung
1858 bis 1863 Fulde, Joseph 26.02.27 01.07.52 Missionsgeistlicher aus Zadel
1865 Karl, Ignatz 02.08.25 28.06.56 aus Lichtenberg
1867 bis 1871 Felgenhauer, Julius 22.08.30 30.06.55 aus Neisse
1872 bis 1884 Putze, Ferdinand 15.10.34 02.07.59 aus Neisse
18.12.1886 (ab) Kothe, Anton 05.05.54 15.07.81 aus Klopschen
08.11.1888 (ab) Strauß, Ignatz 24.09.58 05.07.84 aus Friedland
1894/1895 zeitweilig ohne Pfarrer
28.10.1894 bis 30.09.1924 Bahr, Paul 28.06.67 15.06.92 aus Berzdorf, Kreis Münsterberg; wurde 1894/95 bereits als Pfarradministrator geführt
31.08.1924 bis 1934 Krause, Ernst 08.06.83 17.06.09
14.04.1934 bis 1942 Schreiber, Joseph 03.06.00 02.03.24
1942 bis 1958 Pech, Alois

Die Geschichte ab 1858

Im Jahr 1858 wurde erstmal seit der Reformation ein katholischer Geistlicher vom Neuzeller Pfarrer Florian Birnbach dauerhaft nach Küstrin geschickt. Der Missionsgeistliche Joseph Fulde sollte in der Stadt wieder eine Gemeinde aufbauen. Im gleichen Jahr eröffnete die Gemeinde auch eine katholische Schule in Küstrin.

Innenaufnahme der Kapelle am TrockenplatzIm Jahr 1861 liess Joseph Fulde die Kapelle am Trockenplatz errichten. Die Rückseite der Kapelle grenzte an das Pfarrhaus (auch ab 1858) an der Kietzer Straße 158. Diese Kapelle hatte eine Größe von 19 x 7 Meter. Sie verfügte über 120 Sitz- sowie 200 bis 300 Stehplätze und war nicht konkresiert, das bedeutet, sie war nicht geweiht und hatte nicht den Status einer Kirche, sondern eben nur einer Kapelle. Laut katholischem kanonischen Recht sind Kapellen, Zitat: "für den Gottesdienst zugunsten einer Gemeinschaft oder eines dort zusammenkommenden Kreises von Gläubigen bestimmt […], zu dem mit Zustimmung des zuständigen Oberen auch andere Gläubige Zugang erhalten können". Diese Kapelle war dem Paderborner Heiligen Sankt Meinolf geweiht. Der heilige Meinolf (lateinisch Meinolfus, Meinulfus oder Meinulphus; * um 795; † 5. Oktober 857 in Böddeken, war ein Priester, Archidiakon und Gründer des Klosters Böddeken. (Wikipedia)

Kapelle am TrockenplatzIn den folgenden Jahrzehnten stieg die Anzahl der Katholiken sukzessive an, ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte Sie 1871, zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges, in den auch das in Küstrin stationierte Infanterie-Regiment von Stülpnagel, involviert  war. Vor 1894 gehörte zu Küstriner Gemeinde nur noch die Aussenstelle Vietz. Während seiner Wirkungszeit ab 1894 errichtete Pfarrer Bahr Aussenstellen in Neudamm, Bärwalde, Sonnenburg und Golzow. Letztere sollte die Geschichte der Gemeinde auch nach 1945 fortschreiben, dazu jedoch später mehr.  Ab der Zeit um die Jahrhundertwende herum, dachte man bereits über den Bau einer größeren Kirche nach. Dies sollte jedoch noch 35 Jahre dauern. Im März 1910 kaufte die katholische Gemeinde ein Grundstück am Moltkeplatz zwischen den Grundsücken von Bartel (Nr. 3) und Müller (Nr. 7 ?) und plante dort einen Kirchenbau. Dagegen regte sich aber heftiger Widerstand, da man befürchtete, die Kirche wurde das Erscheinungsbild des Platzes zu sehr stören. Von den Plänen wurde Abstand genommen. Im gleichen Jahr wurde eine erste Spendeninitiative von zugunsten des Kirchenbaus von Pfarrer Bahr in Leben gerufen. Der zweite große Anstieg der Mitgliederzahlen geschah nach dem ersten Weltkrieg. Zu den sogenannten Optanten, die sich gegen ein Leben in den nun polnischen und früheren deutschen Gebieten wie Westpreußen entschieden hatten, gehörten auch zahlreiche Katholiken, die sich nun natürlich auch in Küstrin nieder liessen.  Am 01.01.1924 wurde Pfarrer Bahr durch Kardinal Bertram zum Erzpriester ernannt. Zum 01.10.1924 verließ er Küstrin und übernahm auf eigenen Wunsch die Gemeinde Hemmersdorf (Schlesien). Sein Nachfolger, der Kuratus Ernst Krause aus Berlin wurde am 7.10.1924 feierlich mit einem Festgottesdienst in sein Amt eingeführt.

 

Ende der 1920er Jahre, wahrscheinlich um 1927 wurde eine Spendeninitiative zugunsten des Baues einer neuen katholischen Kirche in Küstrin gestartet. Sie  sollte dem hl. Clemens Maria Hofbauer geweiht werden. Da dieser in seiner Jugend Bäcker war, kam Pfarrer Ernst Krause auf die Idee, jeder katholische Bäcker in Deutschland sollte eine Spende in Höhe von einer täglich abzugebenden Semmel für den Bau der Kirche  geben. Dieser Aufruf  erreichte auch den Münchener Oberbürgermeister Karl Scharnagl, der ja auch  Bäckermeister war. Er stellte sich wohl mit an die Spitze dieser doch etwas kuriosen Spendeninitiative. Wie aus einem Schreiben des Geheimen Konsistorialrates Büttner vom 29.06.1927 an das evangelische Konsistorium der Mark Brandenburg in Berlin hervorgeht, hatte die katholische Gemeinde zu diesem Zeitpunkt das Grundstück für die neue Kirche schon erworben.

Clemens Maria HofbauerKlemens Maria Hofbauer (* 26. Dezember 1751; † 15. März 1820) war ein österreichischer Priester, Prediger und Mitglied des Ordens der Redemptoristen. Er ist Stadtpatron von Wien, der Erzdiözese Freiburg und bis 1945 auch Schutzpatron Südmährens. (Wikipedia) Ab 1787 wirkte er an der Deutschen Nationalkirche in Warschau St. Benno. Doch seine Arbeit war Napoleon nach der Gründung der Herzogtums Warschau ein Dorn im Auge, so dass er am 09.06.1808 den König von Sachsen (zugleich Herzog von Warschau) einen Befehl unterschreiben ließ, der befahl, alle Priester der Redemptoristen aus dem Herzogtum Warschau zu "entfernen".  Marschall Davoust ließ die Priester am 20. Juni 1808 auf verschiedenen Routen nach Küstrin bringen. Erst vor Ort erfuhren die Priester, wo sie waren. Die Wiedersehensfreude war groß.

Sie wurden in einem kasernenartigen Gebäude untergebracht, das ringsum frei stand. Dort kamen sie in Haft, konnten aber auch ihre Messen feiern. Die Einwohner Küstrins wurde neugierig und fragten, warum so ehrenwerte Männer eingesperrt wurden, die eigenen Priester würden nicht so behandelt werden, selbst wenn sie schlimmeres verbrochen hätten. Ihnen wurde die Wahrheit gesagt - die Pfarrer waren aufgrund ihres Eifers den Obrigen ein Dorn im Auge gewesen. Das brachte den Priestern um Clemens Maria Hofbauer noch mehr Achtung ein und einige Küstriner argwohnten, dass von den hiesigen Priestern noch niemand so ein Opfer für seinen Glauben gebracht habe. Zu Ehren der Gefangenen wurde ein Festmahl für sie organisiert. Jeder bekam sein eigenes Zimmer, ein Saal und sogar ein Altar und Paramente standen zu ihrer Verfügung. Während ihres Aufenthaltes in Küstrin musste die Regierung in Warschau die Kosten dafür tragen. Vor dem Haus versammelten sich immer mehr Küstriner, um den Priestern z.B. beim Singen zuzuhören. Es wurden so viele, dass das Militär den Platz räumen wollte. Die Zuhörer widersetzten sich jedoch und meinten, es könne Ihnen doch nicht verboten werden, geistliche Lieder zu hören. Die Sympathie für die Priester auch auch den katholische Glauben stieg in dieser Zeit ständig an - was selbstverständlich im protestantischen Preußen nicht erwünscht war. Die preußische Regierung erließ nun den Befehl, die Priester auf eigene Kosten in ihre Heimatländer zurück zu bringen. Sie wurden mit allen nötigen Pässen ausgestattet und etwa vier Wochen nach ihrer Ankunft in ihre jeweilige Heimat "abgeschoben". Clemens Maria Hofbauer wurde im Jahr 1888 selig und 21 Jahre später - 1909 - heilig gesprochen.

Kaplane

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Zeitraum Name Geboren Ordiniert Bemerkung
07.09.1911 – 1913 Januschewitz, Alfons 26.10.84 22.06.11 geboren in Myslowitz
24.07.1914 – 1916 Brzezinka, Johannes 23.06.85 22.06.11
30.12.1916 – 1919 Schliwka, Johannes 31.01.87 25.06.16
15.02.1919 – 1920 Nolewaika, Adolf 16.06.92 10.06.17
25.11.20 Woitek, Viktor 02.10.93 22.06.19
01.12.1920 - 1922 Maruska, Joseph 25.02.94 22.06.19
1922 – 23.10.1924 Besler, Johannes 1889 1915 starb an einer akuten Gehirnentzündung im städtischen Krankenhaus
31.08.1924 – 1926 Bujakowski, Georg 23.12.97 02.03.24
18.10.1926 – 1927 Newrzella, Max 26.06.99 11.07.26
01.04.1927 -1930 Landmann, Joseph 11.03.99 02.03.24
23.09.1930 – 1933 Mlotzek, Hubert 03.11.03 02.02.30
04.07.1933 – 1938 Krischker, Heinrich 01.04.09 29.01.33
01.02.1938 – unbekannt Triller, Erwin 12.11.09 01.08.37
Bis 1945 Kuschbert


Christkönigskirche KüstrinDer Kirchenbau wurde am 27.07.1936 durch den Erzbischof Adolf Kardinal Bertram genehmigt. Die Finanzierung wurde durch einen Baukostenzuschuss des Reichskriegsministeriums von 30.000 RM und durch den Bonifatiusverein (50.000 RM) unterstützt. Architekt war der Berliner Oberregierungs- und Baurat sowie Diözesanbaurat Wilhelm Fahlbusch. Er hatte bereits einige Kirchen im expres­sio­nis­tischen Stil erbaut, vor allem in Berlin, aber auch die St. Bonifatius-Kirche in Berlinchen.

Am 11. April 1937 wurde der Grundstein gelegt. Der Bau wurde durch das Küstriner Bau­unter­nehmen Rudolf Seefeldt (jun.) durchgeführt. Kardinal Bertram vollzog die Weihe wohl am 10.11.1937, andere schreiben vom 17.11., es gibt aber auch Angaben nach denen die Kirche erst 1939 oder 40 ein­ge­weiht wurde. Das scheint, auf die Bauzeit bezogen realistischer zu sein, aber diese Angaben kann ich definitiv ausschließen, da meine Großeltern am 18.12.1938 in dieser Kirche geheiratet haben.

 

Innenaufnahme der katholischen Christkönigs-KircheDie Kirche wurde dann doch nicht Klemens Maria Hofbauer, sondern dem Christkönigspatronat geweiht. Der äußerlich doch sehr schlichte Bau soll innen aber eine enorme Ausstrahlung besessen haben, soll sehr lichtdurchflutet gewesen sein. Dies war mit Sicherheit den fast bis zum Boden gehenden, hohen Fenstern geschuldet. Ehemalige Küstriner, die diese Kirche noch kannten, schwärmen sehr davon (auch Protestanten !). Die Christkönigsstatue über der Tür war ca. 2,5 Meter hoch. Lange konnte die Christkönigskirche jedoch nicht genutzt werden, sie war das am kürzesten genutzte christliche Gotteshaus der Stadt. Das 30 Meter lange und 20 Meter breite Gebäude konnte bis 31.01.1945 genutzt werden, ab 01.02.1945 fanden die Gottesdienste im Pfarrhaus in der Kietzer Straße 158 statt, da der Beschuss der Festung begonnen hatte. Zu dieser Zeit - das geht aus dem Bericht des Pfarrers Alois Pech hervor - waren wohl keine evangelischen Geistlichen mehr in der Stadt. Am 03.02.1045 explodierten einige Granaten nur wenige Meter vom Pfarrhaus entfernt, alle Fenster gingen wohl zu Bruch, verletzt wurde aber niemand. Am 11.2. wurde das Pfarrhaus erneut getroffen und am 17.2 zur Mittagszeit durch dutzende Treffer wohl total zerstört. Keiner der Bewohner wurde getötet, da der Keller und ein Teil der Rückwand stand gehalten hatten. Nach dem Räumungsbefehl vom 19.2. mussten der Kaplan Kuschbert und Pfarrer Pech am 20.2. die Stadt Richtung Westen verlassen. Bis zum 20.2.1945 hatte die Christkönigskirche laut Aussage des Pfarrers Pech kaum Schaden genommen.

 

Am 26. Juni 1945 kehrte Pfarrer Pech mit einem Zug nach Küstrin zurück. Der Turm der Kirche war in die Vorhalle gestürzt, die Wände hatten Löcher von Durchschüssen. Das Dach fehlte. Komplett unzerstört waren der Keller, die Haupt- und Seitenaltarräume und die zwei Sakristeien. Vom Pfarrhaus war nur ein 2 bis 3 Meter hoher Schutthaufen übrig geblieben, die alte Kapelle am Trockenplatz war auch komplett zerstört. Den kompletten und sehr empfehlenswerten Bericht über das Jahr 1945 von Pfarrer Alois Pech können Sie hier auf cuestrin.de ungekürzt lesen.

Sonstige Posten

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Zeitraum Name Geboren Ordiniert Position
16.08.1914 – 1916 von Krzesinski, Theophil, lic. Theol. 20.12.1861 23.03.1886 Garnisonspfarrer
28.08.1914 – 1920 Reoenspieß, Johannes 17.09.1871 01.04.1899 Strafanstaltspfarrer in Sonnenburg
01.05.1934 -1940 Bilecki, Hermann G. R., Act. Circ 14.02.1872 01.06.1897 unbekannt

Mitgliederzahlen

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Jahr Seelen Bemerkung
1852 201
1859 150 inkl. Militär
1861 200 inkl. Militär
1863 250
1865 248 inkl. Militär
1867 245 inkl. Militär
1869 500 inkl. 50 Militär
1871 400 zzgl. 900 Militär
1887 697
1895 1428
1897 730 zzgl. 470 Militär
1902 1095
1907 1281
1912 1388
1925 1181
1929 1561
1933 1307
1939 1343

Die Gemeinde nach 1945

Auf der deutschen Seite: Pfarrer Pech mietete im Jahr 1946 eine Wohnung und eine Not-Kapelle in Seelow an. Nach dem Krieg war die Gemeinde, die immer noch 25 Ortschaften westlich der Oder umfasste, ohne Pfarrhaus und Kirche. Im Jahre 1949 kauft die Gemeinde ein Trümmergrundstück in Golzow (Oderbruch) und stellt dort eine Baracke (als Wohnung und Kirche) auf. 1952 wird das neue Pfarrhaus bezogen. Alois Pech gibt 1952 seine Arbeit als Pfarrer in der Gemeinde resigniert auf und wird Krankenhausseelsorger in Berlin. Sein Nachfolger wird am 05.08.1958 Johannes Denke.

1962 kauft die Gemeinde das Grundstück und die Notkapelle in Seelow und baut sie aus. Am 07.10.1962 wird sie durch den Kap. Vikar Ferdinand Pointek  dem Heiligen Clemens Maria Hofbauer gewählt. Der Grundstein für die neue Kirche in Golzow wird am 04.10.1964 gelegt. Geweiht wird sie "Christus dem König" am 09.07.1967 durch Bischof Gerhard Schaffran. Heute gehört die Gemeinde Golzow zur Gemeinde Frankfurt (Oder).

Auf der polnischen Seite: Der erste (illegale) Gottedienst fand auf Bestreben des Bahnmitarbeiters Witold Palmowski am 04.11.1945 im Wartesaal des Bahnhofs Küstrin-Neustadt statt. Als Geistlicher kam dazu Wladyslaw Pienkos aus Schlesien nach Küstrin.

Die ehemalige Altlutherische Kapelle in der Warnicker Straße wurde am 16.06.1946 nach einer notdürftigen Reparatur durch den Apostolischen Administrator Nowicki aus Landsberg/Warthe (Gorzow) katholisch, dem Herzen Jesu, geweiht. und bis in die Mitte der 1970er Jahre als katholische Kirche genutzt.  Während der nächsten Jahrzehnte nach dem Krieg fand eine Auseinandersetzung zwischen der Kirche und der kommunistischen Stadtverwaltung statt, bei der es um den Bau einer neuen Kirche ging. Ende der 50er Jahre wurde dem damaligen Kaplan Frantisek Skalba angeboten, die Christkönigskirche wieder aufzubauen.

Dies lehnte er jedoch ab, das Kostrzyn zu dieser Zeit nur rund um den Bahnhof bewohnt war und die Kirche damit im Niemandsland lag. Das wollte er wohl seinen Gemeindemitgliedern nicht zumuten. Erst im August 1974  wurde mit dem Bau einer neuen Kirche neben der ehemaligen Altlutherischen Kapelle an der Warnicker Straße begonnen. Der Grundstein, welcher wohl durch den Papst persönlich gesegnet wurde, wurde am 18.05.1975 gelegt. Zur Zeit der Baues der neuen Kirche war die Anzahl der Gemeindemitglieder auf ca. 13000 (inkl. umliegender Orte) angewachsen und in der kleinen Kapelle mussten Sonntags 10 Gottesdienste statt finden. Trotz dieser 10 Gottesdienste fanden nicht alle Gläubigen einen Platz in der Kapelle.

In der neuen Kirche fanden auch einige Relikte aus der Christkönigskirche, wie z.B. auch die Statue des Patrons, einen neuen Platz. Die Ruine der Christkönigskirche stand wohl noch bis 1972 und soll etwa ab Frühjahr 1973 abgetragen worden sein. Die allerletzten Reste der Kirche wurden wohl erst beim Bau des Basars ca. 1992 beseitigt. Ich würde hier auch gern ein Foto der Ruine der Kirche zeigen - ich habe auch einige - konnte aber keinen Urheber ausfindig machen. So muss ich aus rechtlichen Gründen erst einmal darauf verzichten.

Weitere Fotos

Katholische Kapelle am Trockenplatz II
Katholische Kapelle am Trockenplatz II
Vor der alten Katholischen Kapelle *2
Vor der alten Katholischen Kapelle *2
Innenaufnahme der katholischen Kapelle
Innenaufnahme der katholischen Kapelle
Altar der katholischen Kapelle
Altar der katholischen Kapelle
Die Christkönigskirche
Die Christkönigskirche
Die Christkönigskirche - Winteraufnahme
Die Christkönigskirche - Winteraufnahme
Neue katholische Kirche
Neue katholische Kirche
Seitenansicht der Christkönigs-Kirche
Seitenansicht der Christkönigs-Kirche
Turmengel der Christkönigs-Kirche
Turmengel der Christkönigs-Kirche
Innenaufnahme der katholischen Christkönigs-Kirche
Innenaufnahme der katholischen Christkönigs-Kirche
Klemens Maria Hofbauer
Klemens Maria Hofbauer
Plan der neu zu erbauenen Marienkirche von 1780 (Ausschnitt 1)
Plan der neu zu erbauenen Marienkirche von 1780 (Ausschnitt 1)

 

Quellen:

  • Johann Christoph Bekmann: Von Stat und Veste Küstrin, ca. 1710
  • Altes und neues Küstrin oder Beyträge zu einer historischen Nachricht von denen Schicksalen der Haupt-Stadt und Festung Küstrin in der Neumark [... ], Siegismund Justus Ehrhard, Glogau 1769
  • Die Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus, Siegmund Wilhelm Wohlbrück, Berlin, 1829
  • Chronik der Stadt Cüstrin, K. W. Kutschbach, 1849
  • Schematismen des Bistums Breslau 1858 - 1940
  • Die St. Marienkirche zu Cüstrin ein Gedenkblatt zur ersten Säkularfeier des jetzigen Kirchengebäudes am 19. Mai 1887
  • Spendenaufruf durch Pfarrer Bahr von 1910
  • Die Stadt Cüstrin von C. Fredrich, 1913
  • Meldung aus dem Landsberger Generalanzeiger von Mittwoch, dem 01.10.1924 (Seite2)
  • Meldung aus dem Landsberger Generalanzeiger vom Freitag, dem 24.10.1924 (Seite2)
  • Grundstein-Urkunde der neuen Christkönigskirche in Küstrin, 11.4.1937
  • Diverse Wohnungsanzeiger und Adressbücher der Stadt, Zeitraum 1883 bis 1939
  • Clemens Maria Hofbauer und seine Zeit - Miniaturen zur Kirchengeschichte 1780 - 1820 von Sebastian Brunner, Wien 1858
  • Jahresbericht 1945 des Katholischen Pfarrers von Küstrin Alois Pech, vom 2. Dezember 1945 (Abschrift aus der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde Seelow-Golzow von Helga Grune am 27.06.2009 aus dem Archiv der Kath. Kirchengemeinde Heilig Kreuz Frankfurt (Oder))
  • Zeitungsartikel "Küstrin" von Helmut Holzapfel, aus unbekannter (katholischer) Zeitung, vermutlich Mitte 1975
  • Unterlagen aus dem Evangelischen Landesarchiv Berlin (ELAB)
  • Real-Handbuch des Bistums Breslau, Franz Xaver Seppelt, Breslau 1929
  • Küstrin - Die Stadt an Oder und Warthe 1232 - 1982
  • Ein Überblick über die Neuzeller Seelsorge, Dr. Winfried Töpler, in "Archiv für schlesische Kirchengeschichte, Band 57", 1999
  • Die Verwaltung des lausitzischen Bistumsteils Breslaus, Dr. Winfried Töpler, in "Archiv für schlesische Kirchengeschichte, Band 67", 2009
  • "Wichtige Daten aus der Geschichte der Pfarrei Küstrin", aus der Chronik der Gemeinde Golzow (Archiv der Kath. Kirchengemeinde Heilig Kreuz Frankfurt (Oder)
  • Auskünfte durch Herrn Klaus Thiel