Die Diakonie (früher: Innere Mission), Zitat aus der Wikipedia: "[...] alle Aspekte des Dienstes am Menschen im kirchlichen Rahmen", war in fast allen Teilen der Stadt vertreten. Hier erhalten Sie einen kleinen Überblick über die mir bekannten Einrichtungen der verschiedenen evangelischen Gemeinden der Stadt. Ich gehe dabei die Stadtteile von West nach Ost durch. Neben den u.g. Einrichtungen gab es auch noch eine Schwesternstation im Pfarrhaus der Friedenskirchengemeinde in der Hospitalstraße 8, hierzu ist mir leider fast nichts bekannt, der Vollständigkeit halber wollte ich sie jedoch mit nennen.

Diakonissenstation Küstrin-Kietz

StempelFrauenhilfe2Die Diakonissenstation der evangelischen Frauenhilfe entstand etwa im Jahre 1914. Sie befand sich zuerst in der Kietzer Lindenstraße 13, später in der Horst-Wessel-Straße. Die Station wurde bis Mitte der 1920er Jahre hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Zuwendungen der Pfarrkirchengemeinde finanziert. Durch die schlechte wirtschaftliche Lage war die Station danach aber auch von der Unterstützung des Evangelischen Konsistoriums der Mark Brandenburg angewiesen. Im Jahre 1943 waren z.B. 1700 RM für den Unterhalt der Station nötig, dem standen aber nur 1200 M Einnahmen gegenüber. Die Vorsitzende der Station im selben Jahr war Frau Frieda Schultze.

Eine kleine Kuriosität am Rande: Eine Anfrage über eine Zuwendung durch das Evangelische Konsitorium von 1943 (die am 12. April 1945 noch einmal wiederholt wurde), wurde durch das Konsistorium erst 10 Jahre (!) später, am 10. Mai 1953 beantwortet.

 
Diakonissenstation Küstrin-Altstadt

Diese Station entstand etwa im Jahre 1916, sie war ebenfalls der evangelischen Frauenhilfe unterstellt. Dort war nur eine Schwester tätig, zu deren Aufgaben die Pflege von Kranken und Alten gehörte. Während des 2. Weltkrieges war sie auch Mitglied der Sanitätsabteilung des bürgerlichen Luftschutzes Küstrin. Zuletzt befand sich die Station in der Scharrnstraße 129. Anfang der 1940er Jahre war Frau Gertrud Weis (Artilleriestraße 2) für diese Station verantwortlich, als Diakonisse wird 1939/40 Lotte Kolmsee genannt.

Das Schönebeck'sche Stift, Küstrin-Altstadt

Schönebeck'sches StiftDas der Schloßkirchengemeinde unterstellte Schönebeck'sche Stift hatte eine sehr lange Geschichte. Es befand sich in der Berliner Straße 18 gegenüber der Kirchgasse und in der Schulstraße 44, dem Hinterhaus der Nr. 18. Das Haus Berliner Str. 18 gehörte im 17. Jahrhundert der Familie von Burgsdorf (siehe auch Gouverneure der Festung Küstrin), bevor es zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch Heirat zur Familie des Regierungsrates von Schönebeck kam. Dessen Frau vererbte es in ihrem Testament von 1739 der Kirche. Nach dem Tod der Frau von Schönebeck wurde es 1742 zum Witwenhaus der reformierten Schloßkirchen­gemeinde und danach zum Schönebeck'schen Stift. Das genaue Gründungsdatum ist nicht mehr bekannt, da die Gründungs­urkunde bei der Bombardierung der Stadt im Jahr 1758 verbrannte. Die Gründung muss also in die Zeit von 1742 bis 1758 fallen.

Neben des zwei bebauten Grundstücken gehörten dem Stift landwirtschaftlich genutzte Flächen mit einer Größe von 35 Morgen 66 Quadratruten, das sind ca. 89 km². Das Geldvermögen war während der Inflation vernichtet worden (Stand: 1927). Im Haus Berliner Straße 18 befanden sich 5 Wohnungen, in der Schulstraße 44 derer 4. Die Berliner Straße 18 betrat man über einen breiten Flur mit einer ebenso breiten Treppe. Über den Hinterausgang kam man auf den Hof, auf dem ein großer Birnenbaum stand. Das zweite, kleinere Haus an  der Schulstraße war vom Hof aus und auch von der Schulstraße zugänglich, so dass man über den Hof beide Häuser erreichen konnte.

Das Schönebeck'sche Stift nahm in der Regel nur Witwen und deren Kinder auf, die Mitglied der Schlosskirchengemeinde sowie "honett und bedürftig" waren. Es handelte sich dabei aber nicht um ein Altenheim, da Frauen/Witwen jeden Alters aufgenommen wurden. Sie erhielten außer freier Wohnung keine weiteren Leistungen. Auch für Möbel mussten sie selbst sorgen. Die 8 Plätze waren oft voll belegt, die Wartelisten enthielten fast noch einmal die gleiche Anzahl Frauen. Sollten jedoch einmal nicht alle Plätze von Witwen belegt gewesen sein, nahm das Stift auch junge, ledige Frauen der Schloßkirchengemeinde oder auch Waisen auf. Die Bewohner erhielten ein lebenslanges Wohnrecht, Kündigungen durch das Stift waren nicht vorgesehen, es sei denn, Zitat: "Die Würde des Hauses würde gröblich verletzt". Auch gesundheitliche Gründe (lebensbedrohliche Krankheiten, Geisteskrankheiten) galten als Ausnahme für Kündigungen Zu Beginn der 1930er Jahre kam das Gerücht auf, das Stift sei geschlossen worden, doch dem war nicht so. Seit 20. September 1935 wurde das Stift als "Altenheim" der Brandenburgischen Konferenz für Alters- und Siechenfürsorge angeschlossen - obwohl es weder Alten- noch Siechenheim war.

Die Herberge zur Heimat, Küstrin-Altstadt

Herberge zur HeimatDie Herbergen zur Heimat gehen auf eine Inititative von Professor Clemens Theodor Perthes zurück. Er gründete die Innere Mission (heute: Diakonisches Werk) und ließ im Jahre 1854 in Bonn die erste Herberge zur Heimat eröffnen. Die meisten Herbergen dieser Art standen unter katholischer Leitung, die evangelischen Herbergen schlossen sich 1886 zum Deutschen Herbergsverein zusammen. im Jahr 1902 gab es bereits 462 solcher Herbergen in Deutschland. Dieser Herbergen sollten die Wanderarbeiter von den Gastwirtschaften (und dem Alkohol) fernhalten und Sie kurzfristig mit Arbeit versorgen.

Am 28. November 1882 kaufte die Stadtpfarrkirchengemeinde das ehemalige Festungsgefängnis (und frühere Garnisonskirche) am Wall (Kommandantenstraße 100a) unter hohen Auflagen vom Reichsmilitärfiskus für 9.114,38 Mark, um dort eine Herberge zur Heimat einzurichten. Da die (südlich gelegene) Rückseite des Hause auf der Kurtine zwischen den Bastionen Kronprinzessin und Philipp ruhte, wurde zur Bedingung gemacht, dass die Tür zum Wall zugemauert werden sollte und die entsprechenden Fenster so verschlossen werden mussten, dass dadurch "keine Kommunikation nach aussen" mehr möglich wäre. Sollte das Haus abgerissen und ein neues gebaut werden, musste das neue Haus mit Abstand zum Wall erbaut werden, die Zugangsrampe am Giebel aber erhalten werden. In diesem Fall müssten auch die Keller zugeschüttet werden. Zugang zum Grundstück und dem Zugang zum Wall war dem Militär jederzeit zu ermöglichen. Dazu musste die Kirchengemeinde einen Druchbruch durch die westliche Hofmauer herstellen. Die Grabgedenktafel am östlichen Giebel wurde nicht mit verkauft, sondern blieb eigentum des Militärs. Die Pflichten bezüglich der noch vorhandenen Grabgewölbe und Gräber auf dem Grundstück ( dort befand sich zu Markgraf Hans Zeiten ein Teil des städtischen Friedhofs) wurden ebenfalls der Kirchengemeinde übertragen. Die Verkaufsbedingungen umfassten eine ganze Schreibmaschinenseite.

In anderen Städten war es wohl üblich, dass sich die Wanderarbeiter zuerst bei der Polizei meldeten und von dort zur Herberge zur Heimat geschickt wurden. In Küstrin jedoch, ging man einen anderen Weg: Die Wanderarbeiter sollten sich zuerst in der Herberge zu Heimat melden, dort entschied dann der Herbergsvater, ob derjenige für die Arbeit geeignet war oder nicht. Auch Betrunkene wurden abgewiesen. Die Abgelehnten wurden dann durch die Polizei abgeholt und ihnen (wohl für eine Nacht) Unterkunft im städtischen Asyl, das sich im Rathaus befand, gewährt. Man hatte Bedenken, das die Polizisten zu viele Menschen als für die Wanderarbeiterstätte ungeeignet auswählen würden, da sie pro Kopf, den sie dem städtischen Asyl zuführten von der Stadt Küstrin eine Pauschale gezahlt bekamen.

Nach langwierigen Verhandlungen mit den Militärbehörden der Stadt Küstrin übernahm der Herbergsverband  die Herberge zur Heimat schließlich am 01.10.1910 und eröffnete sie unter eigener Trägerschaft neu. Vorher war sie - wie nur eine einzelne Postkarte aus dem Jahr 1906 belegt - als Kinderheim genutzt worden. Eigentümer blieb die Kirchengemeinde und der Herbergsverband als Träger war der Mieter. In die Herberge wurden 1910 insgesamt 2480 Mark investiert. Der Arbeitsschuppen kostete 1425 Mark, das Inventar 400 Mark und der Betrieb 600 Mark. Haupttätigkeit war die Holzzerkleinerung, es wurden aber auch Wanderarbeiter für Arbeiten an Bürger der Stadt weitergeleitet. Das man sich aber nicht nur auf diese Arbeit beschränkte, zeigt die folgende Arbeitstafel der Herberge zur Heimat aus dem Cüstriner Sonntagsblatt, einer Beilage der Wochenzeitung "Bürgerfreund" vom 27.07.1897:

Arbeitstafel(Quelle: Dietrich Wolff, Altenweddingen)

Als Lieferanten für Lebensmittel, Ausstattung, etc dienten diverse küstriner Unternehmen. 1910 unterbreitete die Kupfer- und Messingwarenfabrik H. Eisenach mehrere Angebote für Bandsägen und Holzpressen, die Drogerie H. E. Schulz belieferte die Herberge genauso, wie auch das Kaufhaus Franz Carow, die Buchhandlung Rippert und Elektro-Grube (Küstrin-Kietz und Altstadt).

1935 wurde erkannt, dass die Kirchengemeinde die Herberge nicht dauerhaft wirtschaftlich betreiben konnte, jedes Jahr mussten 300 bis 400 RM an Zuschüssen gezahlt werden. Im Jahr 1937 wurde eine Zeitwerttaxe in Auftrag gegeben. Laut diesem Dokument vom 18.10.1937 hatte das Haus, das schon den Brand 1758 überstanden hatte, eine umfassende Sanierung und eine Verbesserung der Ausstattung nötig. Dazu gehörten die Erneuerung des Daches, der Fenster und Türen, der Fußböden und Öfen sowie Bekämpfung der Mauerfeuchtigkeit. Der Wert des 356 qm großen Grundstückes wurde mit 3 RM pro qm, insgesamt also 1068 RM beziffert, der Wert des Hauses mit 7332 RM, der Wert der Nebengebäude wie Stall und Geräteschuppen mit insgesamt 1000 RM. In der Summe hatte das ganze Ensemble einen Wert von 9400 RM. Die Aufteilung des Hauses wird in der Zeitwerttaxe wie folgt beschrieben:

Das Wohnhaus hat im Keller 3 Wirtschaftsräume, im Erdgeschoß 1 Raum für Obdachlose, eine Badestube, eine Waschküche, einen Abort mit 4 Sitzen und Pissoir, einen Flur mit Treppe. Im  I. Stock 4 Zimmer, 1 Küche, 1 Fremden-Stube, 1 Flur mit Treppe. Im Dachgeschoß 2 Fremdenstuben, 4 Fremdendachkammern, 1 Bodenkammer, der Spitzboden wird als Trockenboden. Der innere Ausbau hat Blendrahmenfenster teils doppelt, Füllungstüren, eingestemmte Holztreppen, Kachelöfen, und Kachelherd. Die Zimmer sind teils tapeziert, teils mit Leimfarbe gestrichen. Treppe, Flur zeigt Oelpanel. Elektrisches Licht, Gas,  Be- und Entwässerung ist vorhanden, Rinnen und Abfallrohre bestehen aus Zink.

Der Keller hat eine Höhe von 2,75 m, das Erdgeschoß 3,60 m, der I. Stock 3,-- m. das Dach 2,80 m, Spitzboden 5,85m. Die Umfassungswände sind aus Mauersteinen 1,20/0,90/0,30 stark. Die Fassade ist geputzt. Der Keller hat preußisches Kappengewölbe, die Decken in den einzelnen  Geschossen aus Holzbalken mit Windelboden und Dielung, der Keller und der Flur teils Ziegelpflaster, teils Zementfußboden. Das Haus ist als Ziegelkronendach gedeckt, die Schornsteine bestehen aus russischen Rohren.

Zur Ausstattung der 7 Zimmer sind nur aus der Zeit Ende der 1930er Jahre Details überliefert. Die normalen Zimmer enthielten je nach Größe 2 bis 6 eiserne oder hölzerne Betten, 1 Tisch, 1 bis zwei Stühle, Kleiderhaken, 1 (Kleider-)Schrank, 1 Spiegel und 1 oder mehrere Bilder. In Zimmer 1 befand sich auch noch ein Waschständer mit Schüssel. Die Fremdenstube hatte keine Betten, dafür u.a.  4 Tische, 8 Stühle, 1 Schreibpult und 1 Schanktisch. Der Obdachlosenraum enthielt 13 eiserne Betten, aber nur einen Tisch und zwei Stühle.

Am 12. Mai 1938 wurde der Beschluß gefasst, die Herberge zur Heimat für 8500 RM an den Brandenburgischen Herbergsverband zu verkaufen, also 900 RM unter Wert. Vorher hatte die Gemeinde aber noch die gerade genannten Mängel zu beseitigen.  Als Anzahlung sollten 3500 RM gezahlt werden, 5000 RM sollten als Hypothek eingetragen werden. Es schien für die Gemeinde ein relativ gutes Geschäft zu sein - bzw. ein Ende mit Schrecken. Ob die Verluste der Herberge wirklich so hoch waren, um solch einen niedrigen Kaufpreis (wenn man die Kosten der noch von der Gemeinde durchzuführenden Reparaturen hinzurechnet) zu rechtfertigen, läßt sich heute nicht mehr sagen. Mir liegen hier nur Bilanzen der Herberge aus zwei Jahren vor, von 1936 und 1937. Im Ersten der zwei genannten Jahre wies die Herberge einen Gewinn von 379,25 RM aus, im zweiten Jahr einen Verlust von 166,40 RM.

Am 17.08.1939 verkaufte der Herbergsverband ein 2,5m breiten und insgesamt 40qm großen Streifen seines Grundstückes, auf dem sich zum Teil der Steigerturm der Feuerwehr Küstrin-Altstadt befand und erhielt im Tausch zwei Flächen rechter Hand der Herberge. Der Vertrag wurde vom Rechtsanwalt und Notar Burkhardt, welcher seinen Sitz in der neuen Sparkasse in der Neustadt hatte, aufgesetzt. Als Kaufpreis wurden 2 RM pro Quadratmeter festgelegt. Der Mehrpreis für den Herbergsverband belief sich auf 298 RM. Damit gehörte der Stadt das gesamte Land unter der Feuerwehrturm und die Herberge zur Heimat bekam ein Stück Land hinzu. Dieser Vorgang zog sich einige Jahre hin - von der Vertragsunterschrift am 17.08.1939 über die Vermessung der Flächen am 29.04.1940, die Grenzverhandlungen am 06.07.1940 bis zur rechtlichen Vollstreckung des Tausches 1942.

Über die Herbergsväter ist nur wenig überliefert. Ab 1935 war dies Karl Dochow, ihm folgte nach seiner Einberufung zur Wehrmacht seine Frau als Herbergsmutter. DIese war jedoch mit der Aufgabe scheinbar überfordert, obwohl der Verband meinte, sie hätte in der küstriner Herberge im Vergleich mit dem ganzen Brandenburger Verband mit am wenigsten zu tun. Sie entzog sich ihrer Arbeit und kehrte nach einem Urlaub nicht mehr nach Küstrin zurück. Dies machte die Arbeit in der Herberge und die Aufrechterhaltung des Betriebes fast unmöglich, da keine Vertretung gefunden wurde. Im Jahr 1941 übernahm Carl Fritsche, geboren am 07.09.1890 in Schönebeck/Elbe, die Geschäfte des Hausvaters. Letzte Hausmutter (in Vertretung) war ab 05.08.1944 die aus Berlin stammene Witwe Gertrud Kupper. Sie zog  mit ihren zwei Kindern mit in die Herberge ein. Sie blieb in dieser Position bis zur Flucht Anfang 1945. Ihre Erlebnisse dabei hat sie bereits im Februar 1945 in Berlin niedergschrieben. Nach der Evakuierung der Zivilbevölkerung quartierte sich in das Erdgeschoß ein Stabsfeldwebel mit seiner Mannschaft ein, da das Haus mit seinen dicken Mauern als "kleine Festung" galt. Es erhielt während der Kämpfe zwei Artillerie-Volltreffer.

Das Wilhelm-Augusta-Stift, Küstrin-Neustadt

Das Wilhelm-Augusta-Stift *4Das Wilhelm-Augusta-Stift mit seinem stattlichen Gebäude in  der Warnicker Straße 20 unterstand dem Vaterländischen Frauen-Zweigverein Küstrin und wurde 1885 an der damals noch spärlich bebauten Warnicker Straße erbaut. Zu dieser Zeit war das Gebäude das letzte auf dieser Straßenseite. An einer Wand des Hauses stand: "Herr bleib bei uns, denn es will Abend werden." Vorsitzende des Vereins war Ende der 1920er Jahre bis mindestens 1932 Frau Berta Sartorius. Das Heim hatte Platz für 35 Männer und 40 Frauen. Es wurden in der Regel nur evanglische "Pfleglinge" aufgenommen, ab und an wurden aber auch Ausnahmen gemacht.

Wie auch heute üblich, gab es auch zu dieser Zeit verschiede Pflegeklassen (heute Pflegestufen), insgedamt 3. In der 1. Klasse betrug Mitte der 1920er Jahre der monatliche Verpflegungssatz 35 RM, in der 2. Klasse 24 RM und in der 3. Klasse 21 RM - 1930 lagen sie bereits bei 70, 55 bzw. 45 Mark. Den Pfleglingen wurde je eine unmöblierte Stube ohne Kochgelegenheit zur Verfügung gestellt. Pfleglinge in der Klasse 1 hatten Ihre Zimmereinrichtung selbst mitzubringen. In der 3. Klasse teilten sich mehrere Menschen eine Stube.

Das Gebäude verfügte über Heizung und Licht, den Bewohnern stand eine Wäschereinigung zur Verfügung. Neben den Pflegebeiträgen der Bewohner wurden die Kosten auch durch Mitgliedsbeiträge und Zuschüsse verschiedener Behörden gedeckt.  Finanziell war das Stift auch nicht allzu gut aufgestellt. 1930 wird eine Hypothekenschuld von 8000 M genannt.

Was genau aus dem Stift und seinen Bewohnern bei Kriegsende wurde, ist mir momentan nicht bekannt: Es wurde wohl in den Tagen um den 19.02.1945 evakuiert. Mir liegen Suchaufträge aus der frühen Nachkriegszeit zu ehemaligen Bewohnern vor. Dort werden einige Vermutungen wiedergegeben: "...gehörte zum Roten Kreuz ...die Schwestern hätten das Heim verlassen und die Alten zurückgelassen..." bzw. "... das Heim wäre erst nach Potsdam evakuiert worden, die Bewohner wären später aber wieder in das Heim zurückgekehrt". Die erste Aussage ist definitiv falsch, die Zweite stammte wohl von der Polizei-Verwaltung in Potsdam aus dem Jahr 1946. Die Polizei in Küstrin-Kietz wusste von der Rückkehr der evakuierten Bewohner jedoch nichts, Potsdam als Ziel der Evakuierung könnte jedoch stimmen. Das Gebäude hat als eines der wenigen in der Stadt den Krieg überstanden. Wilhelm Fitzky schreibt in seinem Buch über ein ehemaliges "Siechenhaus" in der Warnicker Straße, welches später als Hotel genutzt wurde. Inzwischen ist es jedoch abgerissen worden.

Das Gemeindehaus der Friedenskirchengemeinde, Küstrin-Neustadt

VereinsschleifeIm April 1930 kaufte die Friedenskirchengemeinde das damalige Hotel "Mark Brandenburg" in der Bahnhofstraße und nutze es als Gemeindehaus. Dieser Kauf wird im Artikel über die Friedenskirchengemeinde genauer behandelt. Das Gebäude sollte wie folgt genutzt werden:

  • Kellergeschoss: Zimmer für allein reisende Frauen und Mädchen (1930 geplant)
  • Erdgeschoss: 4 Vereinsräume, darunter ein kleiner Saal für ca. 12 Personen
  • 1. Stock: Pfarrwohnung und zwei Vereinsräume
  • 2. Stock: 1 Schwesternwohnung, 1 Kirchendienerwohnung sowie 3 Gästewohnungen.


Der Saal wurde wohl für Versammlungen (Frauenhilfe, Männerhilfe, Blaukreuzverein), für Übungsstunden des Kirchenchors und der Orchesterabteilung des Jungmännervereins, für Sitzungen der kirchlichen Körperschaften, Missions- und Bibelstunden, Veranstaltungen des Evangelischen Bundes und Tagungen kirchlicher Verbände genutzt. Des weiteren wurden 2 Räume im Erdgeschoss als Heim des evangelischen Jungmännervereins und 1 Raum als Sitzungszimmer für den Gemeindekirchenrat sowie der kirchlichen Ausschüsse und Vereinsvorstände genutzt.

Quellen: